Die Situation in Bozen ist ein Widerspruch in sich: Einerseits gibt es Tausende leerstehende Wohneinheiten, andererseits Hunderte Menschen, darunter zahlreiche obdachlose Arbeiter, denen der Zugang zum herkömmlichen Immobilienmarkt aus unterschiedlichen Gründen verwehrt bleibt. Die Anforderungen beider Seiten miteinander in Einklang zu bringen gestaltet sich offensichtlich schwierig. Die Besitzer müssen mit Mieteinnahmen rechnen können, ihnen muss zugesichert werden, dass das Mietobjekt in Zukunft wieder verfügbar sein wird und dass es gut erhalten zurückgegeben wird. Die Mietinteressenten können allerdings nicht immer Garantien für die Pünktlichkeit bei den Mietzahlungen liefern oder werden jedenfalls – zu Recht oder zu Unrecht – als nicht zuverlässig eingestuft.
Im Jahr 2004 wurde in Padua die Agentur für die Vermittlung von Wohnungen (Aisa, Agenzia di intermediazione sociale all’abitare)1 gegründet: eine Organisation, an der verschiedene Einrichtungen der Region mitgewirkt haben, darunter neben einem Netzwerk aus Sozialgenossenschaften auch die örtliche Handelskammer und die Partnerschaftsinitiative „Banca Etica“. Ziel der Agentur Aisa ist es, Menschen, welche sich in einer schwierigen Wohnsituation befinden, den Zugang zu Wohnraum zu erleichtern. Sie agiert als Vermittler zwischen diesen Personen und den Wohnungseigentümern. Aisa versucht also, der Nachfrage nach Wohnungen entgegenzukommen, die der herkömmliche Immobilienmarkt nicht bedient. Auf diese Initiative folgten erfolgreiche Nachahmerprojekte, darunter auch einige für junge Menschen.
Das Projekt bietet wichtige Dienstleistungen an, mit denen Probleme gelöst und Misstrauen abgebaut werden können. Um den Wohnungseigentümern entgegenzukommen, bietet Aisa vermögensrechtliche Absicherungen, aber auch Mikrokredite, Haushaftpflichtversicherungen, Entschädigungen bei Zahlungsunfähigkeit sowie Darlehensgarantien an. In gleicher Weise sorgt sie sich auch um die Mieter: Diese werden von Sozialarbeitern begleitet, die sie zu Mietfragen beraten und sich um das Gebäude und seine Bewohner kümmern. Es handelt sich um Dienste, die von großer Tragweite sein können: Die mangelnde Bereitschaft zu vermieten – dies sei hier noch einmal beteuert –, hängt oft mit dem Misstrauen gegenüber Unbekannten oder gegenüber Bevölkerungsgruppen zusammen, die als zahlungsunfähig gelten.
Einen Ort sein Heim nennen zu können ist ein Grundbedürfnis aller Menschen und eine unverzichtbare Voraussetzung für ein würdevolles Leben. Für Personen, die sich zeitweise in einer schwierigen Situation befinden, bedeutet ein eigenes Zuhause einen ersten Schritt dahin, das eigene Leben erneut in die Hand zu nehmen.
Dies vorausgeschickt verpflichtet der Südtiroler Landtag die Landesregierung dazu,
- die zuständigen Landesämter damit zu beauftragen, das Modell der Agentur für die Vermittlung von Wohnungen (Aisa) zu prüfen, wobei sowohl finanzielle als auch soziale Aspekte berücksichtigt werden sollen;
- gemäß dem Beispiel der nationalen und internationalen Best-Practice-Fälle eine Agentur oder ein Mittlerbüro für Vermietung einzurichten, mit dem Ziel, auf der Grundlage des in den Prämissen beschriebenen Vorgehens zwischen Vermietern und Personen, die eine Mietwohnung suchen, zu vermitteln;
- Geldinstitute und/oder Bankstiftungen miteinzubinden, wie in anderen Fällen bereits Usus, um einen Garantiefonds für Zahlungsverzug und mögliche Schäden am Gebäude anzulegen;
- einen entsprechenden Garantiefonds aus öffentlichem Kapital einzurichten, falls sich der unter Punkt 3 aufgezeigte Weg als nicht gangbar erweisen sollte