Das Ausmaß des Artensterbens war in der Geschichte der Menschheit noch nie so groß wie heute – und die Aussterberate nimmt weiter zu. Drei Viertel der Naturräume auf den Kontinenten wurden vom Menschen bereits erheblich verändert, in den Meeren zwei Drittel1 . Der Schutz der Biodiversität der Tier- und Pflanzenwelt gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die biologische Vielfalt stellt einen Reichtum für Menschen und Umwelt dar. Der letzte UN-Bericht mahnt uns, Maßnahmen zu setzen, um die Biodiversität zu erhalten. Der Verlust an Biodiversität ist kein reines Umweltthema, sondern beeinflusst auch Entwicklung, Wirtschaft, politische Stabilität und soziale Aspekte wie Flüchtlingsströme. Gravierende Folgen für Menschen weltweit sind inzwischen wahrscheinlich. Es ist aber nicht zu spät für Gegenmaßnahmen, wenn sofort auf allen – lokalen bis globalen – Ebenen damit begonnen wird.
Südtirol muss sich also die Frage stellen, welche erste Schritte auf lokaler Ebene gesetzt werden können, um den eigenen Beitrag zu leisten. Sowohl die Förderung von Nischenprodukten in der Landwirtschaft als auch die Aus- und Weiterbildung der in der Landwirtschaft tätigen Personen trägt dazu bei, dass eine Sensibilisierung für die kulturelle und landwirtschaftliche Bedeutung der Biodiversität erfolgt.
Nun hat auch die Landesregierung die Bedeutung dieser Thematik erkannt, und kündigt an, in dieser Hinsicht Maßnahmen zu implementieren. So entnehmen wir aus der Presse, dass auch in der Südtiroler Landwirtschaft vermehrt auf die biologische Vielfalt der Flora und Fauna gesetzt werden soll.
Biodiversität muss auch besser vermittelt und umgesetzt werden. Deswegen sehen wir es als wichtig an, Biodiversität an den Schulen zu lehren und die Bürger und Landwirte direkt durch die zuständigen Ämtern aufzuklären. Wir plädieren auch für eine klare Aufgabenaufteilung in der öffentlichen Verwaltung bezüglich des Themas Biodiversität, um die Forschung und Umsetzung zwischen den vielen Akteuren besser zu koordinieren.
Dies vorausgeschickt verpflichtet der Südtiroler Landtag die Landesregierung
- Biodiversität in allen Schultypen und Schulstufen durch Anpassung der Rahmenrichtlinien des Landes verstärkt zu integrieren;
- die Kompetenzen im Bereich Biodiversität folgendermaßen neu aufzuteilen:a) das Naturkundemuseum mit dem dort angesiedelten Biodiversitätszentrum koordiniert die Forschung und Erstellung von Programmen und Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Biodiversität. Andere Forschungseinrichtungen sollen bestmöglich miteinbezogen werden; b) die Abteilung 28 verwirklicht die Programme und Maßnahmen, in Zusammenarbeit mit den Fachleuten der Abteilung 31, und kontrolliert deren Umsetzung; c) die Laimburg konzentriert ihre Aktivität auf die Ökologisierung der Landwirtschaft;
- die im Punkt 2 erwähnten Ämter und Institution mit ausreichenden finanziellen und personellen Ressourcen auszustatten um den zusätzlichen Aufgaben nachzukommen;
- in den Umweltberichten zu urbanistischen Planungen Ökosystemleistungen zu quantifizieren, indem eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung über die langfristig Folgen der (Um)gestaltung von Böden und Flächen gemacht wird;
- bei sogenannten „grün-grün“ Umwidmungen im Landschafts- und Bauleitplanes künftig die Verpflichtung vorzusehen, den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb des Antragstellers ökologisch zu bewirtschaften, da dies nachweislich eine höhere biologische Vielfalt fördert;
- in bestehenden oder durch ein neues Landesgesetz vorzusehen, dass mindestens 5 % der landwirtschaftlichen Fläche pro Betrieb als Ausgleichsflächen (ökologische Nischen) durch punktuelle (z. B. Sämlinge) oder lineare Strukturen (Hecken, Wege, Bäche, …) angelegt werden müssen. Bei Nichteinhaltung dieser Bestimmung verliert der Betrieb sämtliche landwirtschaftlichen Förderansprüche;
- bei jeglicher öffentlichen Förderung und Subvention einen entsprechenden ökologischen Leistungsnachweis vom Empfänger einzuholen. Der dazugehörige Leistungskatalog wird von einem Fachgremium erstellt und periodisch nachjustiert, auch mit Einbeziehung von NGOs, Naturschutzverbänden, der Beratungsringe, der Laimburg und anderen universitären Forschungseinrichtungen;
- Lebensräume für Pflanzen und Tieren entstehen zu lassen, indem man nur mehr Trockenmauern ohne Bindematerial (z. B. Zement) öffentlich bezuschusst, während es für den Bau von bewehrten Erden und Zyklopenmauern keine landwirtschaftlichen Förderungen mehr gibt;
- punktuelle und ausführliche Informationen zum Thema Biodiversität den landwirtschaftlichen BetriebsleiterInnen direkt durch die zuständigen Ämter der Landesverwaltung zukommen zu lassen;
- gezielte Aufklärungsmaßnahmen zu veranlassen, um der Bevölkerung die Bedeutung und den Nutzen der biologischen Vielfalt nachhaltig und glaubwürdig zu vermitteln.