Der Beschluss der Landesregierung Nr. 666 vom 30.7.2019 „Genehmigung der Richtlinien für die Finanzierung der Kindertagesstätten und des Tagesmütter-/Tagesväterdienstes und Widerruf des Beschlusses Nr. 1198 vom 20. November 2018“ regelt in Artikel 3 die Betreuungsplätze. Demnach muss jede Gemeinde ihren Bedarf erheben und für mindestens 15 % der Kinder von 0-3 Jahren einen Betreuungsplatz garantieren, entweder in einer Kindertagesstätte oder bei einer Tagesmutter/einem Tagesvater. Nicht alle Gemeinden kommen dieser Pflicht nach. In vielen Betreuungseinrichtungen gibt es lange Wartelisten. Familien haben keine Planungssicherheit. Vor allem für Frauen wird damit der Wiedereinstieg in den Beruf erschwert. Aber nicht nur Kinder von Erwerbstätigen, auch sozial benachteiligte Kinder sollten eine Betreuungseinrichtung besuchen können. Selten gibt es Plätze für Kinder, deren Eltern nicht arbeiten, obwohl auch Kinder aus diesen Familien professionelle Betreuung benötigen würden.
Allein im Jahr 2018 haben fast 1.000 Mütter der 0- 3-jährigen in Südtirol gekündigt, da sie es nicht schafften, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Die Allianz für Familie wies im Frühjahr 2019 bei einer Pressekonferenz auf die „Vereinbarkeitslüge“ hin. Familien fällt es zunehmend schwerer, ihr Berufs- und Familienleben zu organisieren.
Mit dem Omnibusgesetz (LGE Nr. 27/19 Art. 8 Absatz 2) wurde zudem das Eintrittsalter in den Kindergarten wieder erhöht (vollendetes drittes Lebensjahr innerhalb Dezember), nachdem es seit 2008 bei zweieinhalb Jahren lag. Dies hat zur Folge, dass mehr Kinder einen Betreuungsplatz benötigen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat im Sommer 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz oder die Betreuung durch eine Tagesmutter festgeschrieben. Es wird jedem Kind zwischen 0 und 3 Jahren, unabhängig vom Einkommen oder der Erwerbstätigkeit der Familien, ein Betreuungsplatz garantiert. Es gibt mehrere Gerichtsurteile, in denen Eltern dieses Recht mit Erfolg einklagten.
„In drei Parallelverfahren (III ZR 278/15, III ZR 302/15, III ZR 303/15) wollten Mütter nach Ablauf einer einjährigen Elternzeit wieder in Vollzeit berufstätig sein. Sie meldeten ihre Kinder bei der Stadt für einen Betreuungsplatz an, erhielten aber auch auf wiederholte Nachfrage keinen positiven Bescheid. Durch eigene Bemühungen fanden sie schließlich einen Betreuungsplatz für ihre Kinder – allerdings später als beabsichtigt. Nun verlangten sie den Ersatz des ihnen dadurch entstandenen Verdienstausfalls. Der Bundesgerichtshof gab am 20. Oktober 2016 ihrem Begehren Recht und verpflichtete die Kommune zu Schadenersatz.
Bereits zuvor hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Juli 2016 in einem ähnlichen Schadensersatzfall entschieden. Weil die Eltern keinen passenden Platz in einer städtischen Krippe fanden, hatten sie ihr Kind in einer privaten Einrichtung angemeldet. Die Differenz von fast 1.000 Euro/Monat von städtischer zu privater Krippe wurde der Familie als Schadensersatz zugesprochen.“ (https://www.deutscherfamilienverband.de/index.php/projekte/tipps-fuerfamilien/184-rechtsanspruch-kitaplatz-fragenantworten).
Dies vorausgeschickt verpflichtet der Südtiroler Landtag die Landesregierung,
das Anrecht auf einen Kleinkindbetreuungsplatz für alle Kinder von 0-3 Jahren gesetzlich festzuschreiben.