Weil zum Beispiel die App irgendwann für alle obligatorisch werden könnte, damit sie brauchbare Ergebnisse liefert?
Da haben wir es bereits. Ich hege starke Zweifel, was den freiwilligen Download betrifft; nicht einmal Singapur hat die von Italien erträumte 60 % Deckung in der Bevölkerung zusammen bekommen – und dort hat man sogar den Nachvollzug der Kontakte vollkommen automatisiert. Um so ein Ziel zu erreichen, kommt es entweder später zu einem zwangsweise Download oder es wird Anreize dafür geben, wie mehr Bewegungsfreiheit für all jene Bürger, die sich diese App aufs Handy laden.
Droht das Risiko, als Sündenbock abgestempelt zu werden, wer sich die App nicht herunterlädt so ähnlich wie in diesen Tagen die in Verruf geraten, die sich die Freiheit zum spazieren gehen oder den mehrmaligen Gang in den Supermarkt nicht haben nehmen lassen?
Heute noch zeigt der eine Nachbar den anderen an, wenn er mal vor die Tür zum Luft schnappen geht. Es braucht nicht viel für starken sozialen Druck von oben herab heraufbeschwört; es reicht oft etwas Schlitzohrigkeit und den Rest besorgt dann die Angst.
Und wenn es zu dieser Kontrolle durch die Regierung kommt – was dann?
Gegenwärtig sind die Menschen noch recht angsterfüllt und scheinen daher nahezu diese Maßnahmen mit Applaus zu begrüßen, ohne sich wirklich Gedanken über die möglichen Folgen zu machen.
Es braucht nicht viel für starken sozialen Druck von oben herab heraufbeschwört, es reicht oft etwas Schlitzohrigkeit, und den Rest besorgt dann die Angst
Einige meinen, viel unserer Privatsphäre sei schon lange ans Netz abgegeben worden: die Nutzer, denen es nichts ausmacht, persönliche Daten preiszugeben, um zum Beispiel an einem Online-Quiz teilzunehmen; aber sie sind dazu weit weniger bereit, dieselben Informationen an den Staat aus gesundheitlichen Gründen weiter zu geben.
Facebook-Online Spiele oder ähnliche Dinge, die den Zweck haben, Daten abzusaugen und persönliche Präferenzen abzugreifen, sollte man verbieten oder durch den Garant unseres Rechts auf Privatssphäre besser überwachen. Leider schweigt der sich hierüber aus. Klarerweise nutzen Google, Facebook et cetera unsere Daten; das darf aber keine Ausrede sein, damit man es dem Staat erlaubt, es ihnen gleich zu tun.
Aber kann die App als solche überhaupt etwas bewirken oder nicht?
Der Punkt ist der: jedem die Möglichkeit geben zu verstehen, ob er oder sie mit Corona-positiv getesteten Personen Kontakt hatte. Um das zu erfahren, braucht es Tests. Es ist sinnlos zu schwärmen, wie gut in Südkorea die App funktioniert hat, wenn es keine ausreichenden gesundheitlichen Tests gibt. Italien hat 2,5% seiner Bevölkerung bis heute getestet. In Südtirol sind die Zahlen im Vergleich ähnlich oder nur geringfügig anders, weil gerade mal 32 Tausend Tests durchgeführt worden sind – allerdings bei weniger als 16 Tausend Personen. Daher frage ich mich: angesichts so geringer Prozentsätze von durchgeführten Tests, wie wahrscheinlich wird mir diese App anzeigen können, wer sich mit dem Virus angesteckt hat, wenn wir nicht einmal den blassesten Schimmer haben, wer unter und um uns positiv ist und wer nicht? Die Software soll also die positiv getestete Person herausfischen, die sich unter den 2,5% befindet; und was ist mit den Personen, die sich im anderen Prozentsatz der 97,5% tummeln? Ich schliesse nicht aus, dass das angestrebte Ziel unter diesen Voraussetzungen ein anderes sein könnte.