Das Ehrenamt ist in Südtirol eine tragende Säule der Gesellschaft: Über 150.000 Personen sich ehrenamtlich in einer Non-Profit-Organisation tätig.
Südtirolerinnen und Südtiroler engagieren sich ehrenamtlich in den über 5.300 Non-Profit-Organisationen des Landes. 92,9 Prozent (156.473) jener Personen, die in Non-Profit-Organisationen aktiv sind, machen dies ehrenamtlich, nur 7,1 Prozent werden als hauptamtliche Mitarbeiter angegeben. Auf 100 Einwohnern bringen sich somit 30 ehrenamtlich in das gesellschaftliche Leben ein. Überwiegend ist das Südtiroler Ehrenamt dem Bereich Kultur, Sport und Freizeit (62,6 Prozent) zuzuordnen. 3343 Vereine wurden dort im Jahr 2015 gezählt, gefolgt von 664 Vereinen (12,4 Prozent) aus dem Bereich Sozialfürsorge und Zivilschutz sowie 451 Organisationen (8,4 Prozent), die zum Bereich Beziehungen zu Gewerkschaften und Interessensvertretung gezählt werden. Im gesamtstaatlichen Vergleich liegt Südtirol mit seinem ehrenamtlichen Engagement weit über dem Durchschnitt (9,1 Ehrenamtliche je 100 Einwohner). Diese und weitere Zahlen zum Ehrenamt finden sich in der Publikation des Landesstatistikinstitutes ASTAT zur “Dauerzählung NonProfit-Organisationen 2015-16”.
Ein gemeinsames parteiübergreifendes Ziel sollte es sein, in Südtirol dieses ehrenamtliche Engagement nicht nur zu loben, sondern den Lobesworten auch konkrete Anerkennung folgen zu lassen, wie es in anderen Europäischen Ländern.
bereits passiert. Besonders in Deutschland findet diese Praxis der Anerkennung mittels Ehrenamtskarten bzw. Freiwilligenpässen breite Verwendung.
In Deutschland ist die Ehrenamtskarte oder auch Ehrenamtspass ein persönliches Dokument, das als Nachweis für besonderes ehrenamtliches Engagement dient. In ähnlicher, teils überlappender Bedeutung werden auch die Begriffe Freiwilligenpass, Freiwilligenausweis, Ehrenamtsnachweis, Ehrenamtsbescheinigung verwendet. Ein solches Dokument kann beispielsweise durch den Staat, durch Bundesländer, Kommunen oder Freiwilligenagenturen vergeben werden.
Je nach der Art der Umsetzung, kann damit eine Dokumentation der Art und des Umfangs der Tätigkeit, der dafür erforderlichen Fähigkeiten und etwaiger Qualifizierungsmaßnahmen verknüpft sein. Eine Ehrenamtskarte oder ein Freiwilligenausweis kann zudem bestimmte Vergünstigungen mit sich bringen, beispielsweise Ermäßigungen bei Fahrkarten oder beim Zugang zu Museen oder anderen öffentlichen Einrichtungen oder Vergünstigungen bei Kooperationspartnern, etwa bei Unternehmen, Einrichtungen und weiteren Unterstützern.
Die meisten Bundesländer bieten einen förmlichen Nachweis ehrenamtlicher Tätigkeit: Baden-Württemberg den Qualipass, Bayern den Ehrenamtsnachweis, Brandenburg den FreiwilligenPass, Hamburg den Hamburger Nachweis, Hessen und Niedersachsen den Kompetenznachweis, NRW den Engagementnachweis, Rheinland-Pfalz den Engagement- und Kompetenznachweis, SachsenAnhalt den Nachweis über bürgerschaftliches Engagement, Thüringen das Ehrenamtszertifikat.
Brandenburg beispielsweise vergibt einen Freiwilligen-Pass, mit dem das freiwillige bürgerschaftliche und ehrenamtliche Engagement und die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen dokumentiert werden können. Zudem verleiht es seit 2013 die Ehrenamtskarte des Landes als besondere Auszeichnung an Bürger, die sich in Brandenburg seit drei Jahren im Umfang von mindestens 240 Stunden jährlich, oder auch seit fünf Jahren im Umfang von mindestens 120 Stunden jährlich, ehrenamtlich engagieren.
In Baden-Württemberg können Jugendliche ein Beiblatt zum Schulzeugnis erhalten; erwachsene Ehrenamtliche erhalten auf Wunsch einen sogenannten Qualipass, in dem sie alle Nachweise über ihre ehrenamtlichen Aktivitäten, Projekte, Initiativen, Fortbildungen und Praxiserfahrungen eintragen lassen können.
In Bayern vergeben Organisationen, die durch einen von Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege Bayern initiierten Trägerkreis dazu autorisiert sind, den „Ehrenamtsnachweis Bayern“ – eine Urkunde, in der der Zeiteinsatz, Tätigkeitsbereiche, Fähigkeiten und Fortbildungen dokumentiert sind. Zudem wurde 2011 die Ehrenamtskarte eingeführt.
Ähnliche Pässe bzw. Karten gibt es auch in anderen Ländern, wie z.B. Österreich. Der Österreichische Freiwilligenpass erlaubt, jede im Rahmen von gemeinnützigen Organisationen, Vereinen, Initiativen, Selbsthilfegruppen oder Institutionen in Österreich geleistete Freiwilligenarbeit in Form eines Freiwilligennachweises zu dokumentieren, ebenso wie die Fähigkeiten, die der Freiwillige für seinen Einsatz benötigt.
Im Jahr der Freiwilligen 2001 wurde in der Schweiz der schweizerische Sozialzeitausweis als Instrument zur Anerkennung und Förderung von Freiwilligenarbeit in der Schweiz geschaffen. Er hat die Form einer persönlichen Arbeitsmappe und dient dazu, Erfahrungen und Kompetenzen, die bei freiwilligem Einsatz erworben werden, zur Geltung zu bringen.
Im Rahmen des Europäischen Jahrs der Freiwilligentätigkeit 2011 regte Martin Kastler, der damals Europaparlamentarier war, die Einführung eines europäischen „Ehrenamts-Pass“ an. Dieser sollte als Nachweis für Freiwilligentätigkeit und dabei erworbene Kompetenzen dienen, in Analogie zum bestehenden EuroPass für Auszubildende.
Die Bayerische Ehrenamtskarte könnte als Beispiel für die Weiterentwicklung und Stärkung der Südtiroler Ehrenamtskarte dienen. Sie wird als „ein Zeichen der Anerkennung“ auf der entsprechenden Homepage zur Ehrenamtskarte Bayern vorgestellt. Rund 4000 sogenannte Akzeptanzpartner unterstützen die Karte bzw. die Träger der Karte mit Vergünstigungen, die mit der Karte eingelöst werden können.
Zum Beispiel garantiert die Ehrenamtskarte in Bayern:
-Attraktive Preisnachlässe von großen Marken und Herstellern;
– Vergünstigungen z.B. bei Eintrittspreisen staatlicher Einrichtungen wie Museen, Burgen, Schlösser und der Seeschifffahrt;
– Vergünstigungen beim Besuch von Kultur- und Freizeiteinrichtungen;
– Rabatte und Nachlässe bei kommunalen Anbietern und Einrichtungen, wie z.B. Schwimmbäder, Apotheken, Friseure, etc.;
– Überregionale Verlosungen zur Teilnahme an exklusiven Veranstaltungen (z.B. Preisverleihungen, Neujahrsempfänge, Ehrenamtskongress).
In Bayern ist zudem die Ehrenamtsversicherung an die Karte gekoppelt, die Risiken abdeckt, die oft durch die Versicherungen der Vereine oder freiwilligen Organisationen nicht gedeckt sind.
So ein Schadensbeispiel ist: Eine privat organisierte Selbsthilfegruppe „Leben nach dem Herzinfarkt“ trifft sich zum Austausch bei einem Mitglied zu Hause. Der Gruppenleiter zerbricht versehentlich eine Vase, die Besitzerin verlangt Schadenersatz von ihm.
In Südtirol hat es 2011 einen Vorstoß vom Dachverband für Soziales mit der Broschüre „Schule und Ehrenamt“ gegeben. Schon damals wurden die Ideen von Bildungsguthaben oder der Einführung einer Ehrenamtskarte im Zusammenhang mit der Schule und dem ehrenamtlichen Engagement von Schülern dargelegt. Für das junge Ehrenamt wurde in Südtirol vom Südtiroler Jugendring vor Jahren die Ehrenamtskarte bzw. der Ehrenamtsnachweis eingeführt. Diese/r kommt bei der Punktevergabe im Zuge der Maturaprüfung, bei Bewerbungsgesprächen oder bei Vergünstigungen jeglicher Art zum Zuge. Allerdings blieb dieses Engagement der Anerkennung ehrenamtlicher Leistungen bisher im Jugendbereich stecken. Eine Ausweitung auf das gesamte Ehrenamt mit einem viel größeren Netzwerk an Kooperationspartnern sollte nun angestrebt werden.
Dies vorausgeschickt verpflichtet der Südtiroler Landtag die Landesregierung:
- die Ausdehnung der Ehrenamtskarte auf ganz Südtirol und alle ehrenamtlich arbeitenden Vereine und Organisationen zu prüfen, ein Umsetzungsprojekt in die Wege zu leiten und die Umsetzung zu veranlassen.