1. AUF AUGENHÖHE

Südtirol ist in vielerlei Hinsicht ein besonderes Land. Es ist reich an Naturschönheiten, seine Menschen zeichnen sich durch Herzlichkeit, Gastfreundschaft, Ehrlichkeit, Fleiß und Unternehmergeist aus. Die geographische Brückenfunktion im Herzen Europas, das Potenzial der Mehrsprachigkeit und der interkulturelle Reichtum haben Südtirol in den letzten Jahrzehnten zu einem berechtigten Wohlstand geführt. Wir sind stolz auf das, was unser Land in den letzten Jahrzehnten erreicht hat. Doch während Südtirol in einer globalisierten Welt immer vielfältiger wird, lähmt das jahrzehntelange politische und administrative Monopol Land und Leute. Wir spüren aber bei den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes einen immer stärker werdenden Willen zur Veränderung und Mut zu Neuem. Wir kommen aus der Südtiroler Zivilgesellschaft und sind in ihr verwurzelt. Politik ist der Ort, an dem wir uns darüber verständigen, wie wir miteinander leben wollen. Wir wollen Südtirol wieder selbst in die Hand nehmen. Wir sind überzeugt, dass wir gemeinsam das starre Machtkartell aufbrechen und jahrzehntelange Blockaden in zentralen Fragen lösen können. Mit Lösungen aus der Sicht der Menschen – nicht aus der Sicht der Parteien. Dazu braucht es neben Mut und Innovationskraft auch Vernunft und Verantwortung – umso mehr, je größer die Freiheit ist, in der wir miteinander leben wollen. Wir wollen eine Gesellschaft, in der wir unsere individuellen und kollektiven Chancen so pflegen, dass sich die vorhandenen Potenziale bestmöglich entfalten können. Unsere Vision einer freien Chancengesellschaft braucht eine mutige, innovative und unabhängige Politik jenseits von Klientelinteressen und Blockaden. Wir stehen auf gegen Stillstand, Filz und Verschwendung von Steuergeldern im System. Wir stehen für Freiheit, Eigenverantwortung, Respekt und die Chance, aus eigener Kraft etwas zu schaffen. In unserer politischen Arbeit lassen wir uns von folgenden Werten und Grundsätzen leiten:

  • Gemeinwohl statt Einzelinteressen;
  • Vernunft statt Parteibuch;
  • Ergebnisorientierung statt Machterhalt;
  • Karriere nach Leistung statt Postenschacher;
  • Offenheit und Transparenz statt Hinterzimmerpolitik;
  • Unangenehme Wahrheiten ansprechen statt schönzureden;
  • Naturschutz statt Ausverkauf der Heimat;
  • Soziale Gerechtigkeit statt „Freunde im Edelweiß“.

Wir stehen für eine sozialliberale Politik der Chancengleichheit, Unabhängigkeit, Fairness und Gerechtigkeit. Eine Politik, die auch an die nächste Generation denkt – und nicht nur an die nächste Wahl. Wir setzen auf die Eigenverantwortung der Menschen. Wir wollen ein Südtirol schaffen, in dem sich – durch bessere gesetzliche Rahmenbedingungen und gerechtere Start- und Rahmenbedingungen – jeder und jede entfalten kann. Und zwar so, dass auch das Wohl unserer Nachkommen nicht vernachlässigt wird. Wir stehen für die Freiheit, von Staat und Land im Alltag in Ruhe gelassen zu werden und uns auf Staat und Land verlassen zu können, wenn es darauf ankommt. Wir sind die Heimat großer Chancen. Uns treibt die Vision an, die Regeln mitschreiben zu dürfen, damit diese Heimat endlich das Land wird, in dem alle Bürgerinnen und Bürger und nicht nur die 3 Privilegierten und Vernetzten eine kinder- und enkeltaugliche Zukunft erwarten können. Dazu müssen sich die Menschen von ihren Zuschauerplätzen erheben und mitmachen. Sie können ihre Stimme erheben mit der Gewissheit, dass sie von uns gehört wird und Gewicht hat. Sie bleiben mit uns im Dialog, auch nach der Wahl. Dafür steht die Sprechblase in unserem Logo: Miteinander reden, auf Augenhöhe. Keine vertikale Politik von oben nach unten, bei der ein Landesfürst von seinem Podest herab den Menschen sagt, was gut für sie ist. Wir wollen alle Bürgerinnen und Bürger einladen, sich zu beteiligen und gemeinsam mit uns Politik zu gestalten – eine Politik des „Gehörtwerdens“, die auf den Dialog zwischen Menschen, Verwaltung und Politik setzt. Das erfordert Transparenz und Offenheit. So können wir der zunehmenden Politikverdrossenheit mit einer Politik des „Miteinander“ entgegensetzen. Quantum potes, tantum aude. Dieses Zitat von Thomas von Aquin bedeutet im übertragenen Sinne: „Jeder soll das beitragen, was er kann und sich zutraut“. Es soll uns in eine neue Zeit des gesellschaftspolitischen Miteinanders führen. Wir bieten den Südtirolerinnen und Südtirolern eine Alternative, in der Überzeugung, dass gute Politik von unten wächst, dass die Bereitschaft zuzuhören ein Zeichen von Stärke ist, dass der Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern eine Bereicherung ist. Wir arbeiten unvoreingenommen an innovativen, konkreten Lösungen und schauen über den Tellerrand hinaus. Frei von Landesfürsten, Allianzen, Lobbyzwängen und Klientelpolitik packen wir an. Wir gestalten das neue Südtirol. Authentisch, unabhängig, verlässlich. Das sind wir.

 

2. GEMEINSCHAFT LEBEN

2.1 Chancengleichheit

Wir stehen für eine freie Gesellschaft der Chancengleichheit und sehen die Hauptaufgabe der Politik darin, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Menschen ihr Leben unabhängig von sozialer Herkunft, Religion oder Geschlecht gestalten können. Grundlage dafür ist ein hervorragendes Bildungssystem, das unseren Kindern und Jugendlichen den Schlüssel dazu in die Hand gibt. Südtirol ist eine der reichsten Regionen Italiens, aber immer mehr Menschen partizipieren nicht ausreichend am Einkommens- und Vermögenszuwachs. Die Realeinkommen aus unselbständiger Arbeit sinken. Ein erheblicher Teil der Beschäftigten in Südtirol erhält nur den in den nationalen Tarifverträgen festgelegten Mindestlohn. Die durchschnittlichen Bruttorealeinkommen in Südtirol sind gemessen an den Lebenshaltungskosten zu niedrig. Um dem entgegenzuwirken, setzen wir uns für territoriale bzw. betriebliche Ergänzungstarifverträge ein. Darüber hinaus sind regelmäßige Inflationsanpassungen und Lohnerhöhungen über die entsprechenden Kollektivverträge hinaus notwendig. Im Rahmen der Autonomiereform soll Südtirol künftig die Kompetenz erhalten, einen branchenspezifischen Mindestlohn für alle Unternehmen mit Sitz in Südtirol festzulegen. Wir setzen uns auch dafür ein, dass Frauen für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn wie Männer erhalten und die gleichen Aufstiegschancen haben. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie soll verbessert werden, darf aber nicht dazu führen, dass Frauen einseitig ihre Erwerbstätigkeit aufgeben, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Altersrente führen. Es müssen geeignete Wege gefunden werden, eine „Landesmindestrente“ als Grundrente für alle einzuführen, um einen angemessenen Lebensstandard für alle älteren Menschen im Lande zu sichern. Um Altersarmut in Zukunft zu vermeiden, müssen stabile Beschäftigungsverhältnisse geschaffen und gefördert werden, und die Grundgehälter müssen regelmäßig angepasst werden, denn nur so können ausreichende Rentenbeiträge eingezahlt werden. Damit sind die Voraussetzungen für eine auskömmliche Rente im Alter geschaffen. Die Gefahr der Altersarmut besteht auch für die jüngeren Menschen, die nur noch eine beitragsbezogene Rente erhalten, also eine Rente, die sich an den tatsächlich geleisteten Beiträgen orientiert. Geringverdiener, die sich während ihrer Erwerbstätigkeit kaum eine zusätzliche Altersvorsorge leisten können, geraten ebenfalls in die Altersarmutsfalle tappen. Daher muss auch die regionale Zusatzversorgung weiter gefördert werden. Als erste und vorrangige Maßnahme fordern wir einen verantwortungsvollen Umgang mit den vorhandenen Mitteln im Landeshaushalt. Wenn Verschwendung und Ineffizienz bekämpft werden, stehen auch mehr Mittel für die Sozialpolitik zur Verfügung. Die steigende Zahl der von Armut betroffenen und bedrohten Menschen ist für ein wohlhabendes Land wie Südtirol nicht hinnehmbar und zeugt vom Versagen der Sozialpolitik der bisherigen Regierungen. Am schwersten von Armut betroffen sind in Südtirol Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Alleinlebende, ältere Menschen sowie Migrantinnen und Migranten. Die Sozialleistungen sollen auf ihre Wirksamkeit überprüft und der bürokratische Aufwand reduziert werden. Wer Hilfe braucht, soll sie bekommen. Ziel muss es aber sein, dass die Menschen von ihrem Einkommen leben können, sich Nahrung, Kleidung, Wohnung, Gesundheit und Bildung leisten können. Der bürokratische Dschungel, der in letzter Zeit durch ISEE und EEVE entstanden ist, muss beseitigt werden. Eine Kontrolle der zustehenden Leistungen ist auf jeden Fall notwendig, darf aber nicht in Schikane ausarten. Leistbares Wohnen ist zu einem der Hauptprobleme der Südtiroler Bevölkerung geworden. Die Nachfrage nach Wohnraum steigt stetig und die Preise sind in letzter Zeit stark angestiegen. Um eine übermäßige Verbauung des Landes zu vermeiden, ist es notwendig, die vorhandenen Wohnflächen so effizient wie möglich zu nutzen. Die naheliegendste und erste Maßnahme ist, leerstehende Wohnungen dem Wohnungsmarkt zuzuführen. Die Vermieter dürfen nicht durch höhere GIS-Sätze unter Druck gesetzt werden und das Land Südtirol muss sich verstärkt für eine sichere Vermietung einsetzen. Leerstehende Wohnungen können, wo Bedarf besteht, angemietet und bedürftigen Wohnungssuchenden angeboten werden. Eine Praxis, die von der WOBI zuletzt im Jahr 2012 angewandt wurde. Der Vermieter hat den Vorteil, dass er eine sichere Einnahmequelle hat und die öffentliche Hand die Unversehrtheit der Immobilie garantiert. Der Mieter hat den Vorteil, dass er von der günstigeren Landesmiete profitiert. Ein zweiter Lösungsansatz ist die Einrichtung eines geförderten Garantiefonds, der Vermieter vor Mietausfällen schützt und damit das Vermieten wieder attraktiver macht. Um nicht noch mehr Kulturland zu verbauen und der Zersiedelung entgegenzuwirken, sollte die Kubaturerweiterung bei energetischen Sanierungen weiterhin möglich sein. Sinnvolle Maßnahmen, wie der Ausbau Umwandlung von Dachgeschossen zu Wohnraum, müssen mit deutlich weniger bürokratischem Aufwand möglich sein. Das Bahnhofsareal in Bozen und die ehemaligen Kasernenareale müssen endlich rasch in konventionierten Wohnraum umgewandelt werden. Die Landeshauptstadt braucht auch eine Sonderstellung im Landesraumordnungsgesetz, um ihren Wohnbedarf gegebenenfalls auch durch die Ausweisung von Wohnbaugebieten im Interesse des Landes decken zu können. Internetgestützte Vermarktungsplattformen wie AirBnB entziehen dem Markt für Langzeitvermietungen knappen Wohnraum, insbesondere in touristisch stark erschlossenen Gebieten, und führen zu einer weiteren Überteuerung der Mieten und Kaufpreise. Hier bedarf es einer stärkeren Kontrolle und einer Regulierung der neuen Vermarktungsmodelle. Der Wunsch nach Wohneigentum ist auch bei jungen Menschen stark ausgeprägt. Der Erwerb von Wohneigentum sollte weiterhin von der öffentlichen Hand unterstützt werden, gleichzeitig sollten aber auch vermehrt Mietwohnungen zur Verfügung gestellt werden.

 

2.2 Familien

Familien in ihren unterschiedlichen Formen sind eine tragende Säule der Gesellschaft. Familien sind uns daher ein zentrales Anliegen bei allen politischen Entscheidungen. Grundprinzip ist die Wahlfreiheit zwischen der Betreuung der Kinder durch die Eltern zu Hause und durch Krippen/Tagesmütter. Um insbesondere Frauen den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleichtern, bedarf es ausreichender, zeitlich umfassender und flexibler ganzjähriger Kinderbetreuungsangebote sowohl in den Städten und im ländlichen Raum. Dies erfordert den Ausbau von kinder- und familiengerechten Betreuungsangeboten mit besonderem Augenmerk auf die Qualität der Angebote. Öffentliche Kinderbetreuungsangebote sollen vorausschauend an den Bedarf angepasst werden und Eltern sollten einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben. Grundsätzlich sollte die Angleichung der Elternzeit im privaten und öffentlichen Bereich harmonisiert werden.

 

2.3 Jugend

Junge Menschen brauchen Sicherheit in Gegenwart und Zukunft, u.a. bei Ausbildung, Studium, Beruf, Wohnen und Familiengründung. Wir nehmen die Bedürfnisse der jungen Generation ernst und orientieren uns an den sich verändernden Anforderungen. Wir stehen für Meinungsfreiheit, Gedankenaustausch und offenen Dialog. Dies gilt auch für unser Verständnis von Jugend. Wir fördern Eigenverantwortung, Mitbestimmung und setzen uns für die Beteiligung junger Menschen an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen ein. Was unser Land braucht, sind die notwendigen Rahmenbedingungen für echte Perspektiven – finanziell und strukturell. Stichworte wie leistbares Wohnen, frühzeitige Altersvorsorge oder Smart Working sind wichtige Indikatoren für die zukünftige Lebensqualität. Bei allem Druck in unserer Leistungsgesellschaft dürfen wir nicht vergessen, dass junge Menschen Freiräume brauchen. Zum Experimentieren, zum Ausprobieren, für Begegnungen. Wir begleiten sie auf ihrem Weg der Selbstfindung und Selbstverwirklichung, indem wir ihnen Raum und Platz für ihre Bedürfnisse geben. Wir haben ein offenes Ohr für die Anliegen der Jugendlichen, wir schaffen die notwendigen Ressourcen, um sie in ihrem Gestaltungswillen und bei der Umsetzung ihrer Visionen bestmöglich zu unterstützen. Die Überwindung der wachsenden Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse, die Beseitigung wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheiten und insbesondere die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für alle, sowohl Eigentums- als auch Mietwohnungen, sind Voraussetzungen, um soziale Mobilität weiterhin zu ermöglichen. Junge, hochqualifizierte Arbeitskräfte kehren nach ihrer Ausbildung nicht nach Südtirol zurück oder wandern aus. Gründe für die Abwanderung sind fehlende Karrieremöglichkeiten, ausbildungsadäquate Arbeitsplätze, aber auch niedrige Löhne, der angespannte Wohnungsmarkt und die hohen Lebenshaltungskosten. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, die Rahmenbedingungen zu verbessern, um junge Menschen wieder nach Südtirol zu holen bzw. im Land zu halten.

 

2.4 Seniorinnen und Senioren

Wir betrachten die ältere Generation als eine Bereicherung, die in das gesamte soziale Gefüge einzubinden ist. Ältere Menschen verfügen über viel Lebenserfahrung. Wir wollen Konzepte entwickeln, wie diese Erfahrung den jüngeren Menschen zugänglich gemacht werden kann. Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben sollen die erworbenen Fähigkeiten weiter genutzt werden. Gerade ältere Menschen brauchen Zugang zu einem funktionierenden und bedarfsgerechten öffentlichen Gesundheits und Pflegesystem, wofür altersgerechte Wohnmodelle umgesetzt werden müssen. 10 In Zeiten der fortschreitenden Digitalisierung muss in jedem Fall eine Unterstützung beim Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen angeboten werden.

 

2.5 Menschen mit Behinderung

Menschen mit Behinderung sind ein gleichberechtigter Teil unserer Gesellschaft und dürfen nicht zurückgelassen werden. Die im Landesteilhabe- und Inklusionsgesetz beschlossenen Maßnahmen müssen so schnell wie möglich umgesetzt werden. Beim Thema Wohnen wollen wir uns für Wahlfreiheit einsetzen, damit ein Wechsel in eine Wohneinrichtung in einer Verbandsgemeinde auch ohne Zustimmung der örtlich zuständigen Verbandsgemeinde möglich ist. Die finanziellen Mittel für die pädagogische Frühförderung von Kindern mit Behinderung sollen erhöht werden, um das Angebot quantitativ und qualitativ ausbauen zu können. Die Begleitung und Betreuung sind über die Schule zu gewährleisten.

 

2.6 Ehrenamtliche Tätigkeit

Das Ehrenamt ist eine der wichtigsten Säulen der Südtiroler Gesellschaft. Im Mittelpunkt der ehrenamtlichen Tätigkeit in den verschiedenen Vereinen stehen Bürgerinnen und Bürger, die sich aus Überzeugung, unentgeltlich und freiwillig für das Zusammenleben und die sozialen Belange in der Gemeinschaft einsetzen. Die bürokratischen und rechtlich/steuerlichen Hürden sind in den letzten Jahren, auch durch die Reform des Dritten Sektors (terzo settore) zu einer untragbaren Belastung geworden und bedrohen die Arbeit vieler Vereine. Viele Menschen engagieren sich nicht mehr in Vereinen, weil der Aufwand zu groß und die 11 Rechtssicherheit aufgrund der genannten Faktoren zu gering ist. Hinzu kommt, dass die Fördermittel für Vereine immer mehr gekürzt werden, was die Vereinsarbeit mühsam und schwierig macht. Wir setzen uns aktiv für das Ehrenamt und die Vereinstätigkeit ein, um das Zusammenleben, die Lebensqualität und die Gemeinschaft in Südtirol zu fördern und zu unterstützen. Dazu ist es notwendig, bürokratische Hürden abzubauen und Vereine aktiver mit Förderungen zu unterstützen. Voraussetzung dafür ist eine klare Trennung zwischen echtem Ehrenamt und kommerziell tätigen Vereinen. Das Vereinsleben in allen Bereichen sollte auch als Chance für mehrsprachige Begegnungen nach der Schule bzw. in der Freizeit gefördert werden – durch gezielte Projekte und Veranstaltungen.

 

3. GESUNDHEIT FÜR ALLE

Moderne Gesundheitspolitik umfasst alle Lebensbereiche. Um auch in Zukunft eine individuelle und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung für akute und chronische Fälle, von der Prävention bis zur Rehabilitation, unabhängig vom persönlichen Einkommen gewährleisten zu können, ist ein für alle zugängliches, steuerfinanziertes öffentliches Gesundheitssystem notwendig.

 

3.1 Organisation der Gesundheitsversorgung

Im Zentrum einer modernen Gesundheitspolitik in Südtirol stehen die Patientinnen und Patienten. Die medizinische Grundversorgung sollte flächendeckend, auch mobil-aufsuchend mit Hausbesuchen, gemeinde- und bürgernah organisiert werden. Darüber hinaus sollen landesweit bestehende Kompetenznetzwerke für spezialisierte ambulante, teilstationäre und stationäre Diagnostik und Behandlung ausgebaut und neue geschaffen werden. Alle sieben Südtiroler Krankenhäuser sollen in einem mehrstufigen Versorgungsmodell erhalten bleiben. Ihre operative Rolle ist im Sinne einer optimalen Versorgung und einer zeitgemäßen Vernetzung neu zu definieren. Im Netzwerk mit den Bezirken, den niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten, den Hausärztinnen und Hausärzten spielen die kleinen Krankenhäuser eine wichtige Rolle in der wohnortnahen Versorgung und können zur Entlastung der Schwerpunktkrankenhäuser beitragen. Für alle Standorte ist im Landesgesundheitsplan festzulegen, welche Leistungen und Angebote grundsätzlich an jedem Standort erbracht werden sollen.

 

3.2 Wartezeiten

Ein Problembereich ist die Krankenhauslastigkeit des Südtiroler Gesundheitssystems. Die stationäre Versorgung sollte sich auf Akutfälle und hochspezialisierte Leistungen konzentrieren. Im Sinne einer effizienten flächendeckenden Versorgung sollte die Grundversorgung vor Ort als erste und zentrale Anlaufstelle für die Patientinnen und Patienten fungieren. Eines der Hauptproblemfelder sind die Wartezeiten für fachärztliche und spezialisierte Untersuchungen, aber auch die steigenden Wartezeiten für chirurgische Eingriffe. Die Zwei-Klassen Medizin wird mehr und mehr zur Realität. Ziel muss es sein, die gesetzlich vorgeschriebenen Wartezeiten einzuhalten: dringende Termine am selben Tag, vorrangige Termine innerhalb von 10 Tagen und nicht dringende fachärztliche Visiten innerhalb von 30 Tagen (bzw. 60 Tagen bei diagnostisch- instrumentelle Untersuchungen). Dies zu gewährleisten, muss oberstes Ziel der Gesundheitsversorgung sein und erfordert strukturelle, personelle und organisatorische Veränderungen im Gesundheitswesen. Um das Ziel zu erreichen, werden je nach Bedarf vertragliche und private Leistungserbringer eingesetzt. Die Vergabe der Verträge muss transparent und nach objektiven Kriterien erfolgen. Laufende Qualitätskontrollen sind dabei unerlässlich. Die Patientinnen und Patienten sollen unbürokratisch eine Kostenerstattung erhalten. Eine mit entsprechender Software ausgestattete Vormerkstelle ermöglicht es, Wartezeiten und Auslastung durch koordinierte Einweisungen zu optimieren und kurze Wege für Bürgerinnen und Bürger sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitswesens zu gewährleisten. Die Effizienz der zentralen Vormerkstelle ist kontinuierlich zu überprüfen und anzupassen und durch die Möglichkeit der Vormerkung vor Ort zu ergänzen, um eine optimale Auslastung der Ressourcen zu gewährleisten.

3.3 Personal

In ganz Europa herrscht ein akuter Mangel an ärztlichem und pflegerischem Personal. Auch in Südtirol. Daher ist es wichtig, dem Personal die nötige Wertschätzung entgegenzubringen, wofür eine adäquate Entlohnung und betriebliche Gesundheitsförderung unabdingbar sind. Bestehende Kollektivverträge müssen unmittelbar nach deren Auslaufen neu verhandelt werden. Die Ausbildung an der Landesfachschule für Gesundheitsberufe Claudiana muss an die Bedürfnisse der Auszubildenden angepasst werden. Im Ausland tätige oder ausgebildete Ärztinnen und Ärzte und Pflegekräfte müssen mit attraktiven Stellenangeboten und möglichst wenig Bürokratie nach Südtirol zurückgeholt werden. Der Dialog zwischen Patientinnen und Patienten und Ärztinnen und Ärzten bzw. Pflegepersonal ist von grundlegender Bedeutung. Die Zweisprachigkeit ist in Südtirol von besonderer Bedeutung. Kann die Zweisprachigkeit bei Dienstantritt nicht nachgewiesen werden, sind die Sprachkenntnisse während der Dienstzeit innerhalb eines definierten Zeitrahmen durch Sprachkurse zu erwerben.

 

3.4 Digitalisierung und Datenerfassung

In diesem Bereich wäre eine Zusammenarbeit mit dem Trentino wünschenswert gewesen und ist es nach wie vor. Die Einführung von Schnittstellen zur Praxissoftware zwischen Hausärztinnen und Hausärzten, den Fachabteilungen der Krankenhäuser sowie den ambulant tätigen Facharztpraxen ist dringend notwendig. Vernetzung ist der Schlüssel. Darüber hinaus muss die direkte Übermittlung von Befunden und Krankenhausentlassungsbriefen an Hausärzte und ambulante Dienste sichergestellt werden. Die Einführung der digitalen Patientenakte ist mit Nachdruck voranzutreiben. Eine wichtige Innovation ist die Digitalisierung der Leistungserbringung selbst, die Telemedizin. Telemedizin ist ein echter Mehrwert: bürgernah, effizient, sicher. Sie wird derzeit durch Big Data und künstliche Intelligenz revolutioniert. Dieses innovative Feld sollte konsequent erprobt werden, denn hier sind 15 entscheidende Fortschritte in Diagnostik, Therapie und Rehabilitation möglich.

 

3.5 Der sozialmedizinische Bereich

Viele Bereiche des Gesundheitswesens überschneiden sich mit dem Sozialwesen. Aufgrund der unterschiedlichen Verwaltungssysteme dieser beiden Bereiche sind die Abläufe oft kompliziert und wenig bürgernah. Hier gilt es, Synergien zu suchen und an der Vernetzung zu arbeiten. Eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Südtiroler Sanitätsbetrieb und den Senioren- und Pflegeeinrichtungen ist notwendig. Bürokratische Hürden, lange Wege und unklare Zuständigkeiten, die für die Bürgerinnen und Bürger zeit- und kräftezehrend sind, müssen überwunden werden. Unterschiede in der Entlohnung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gleicher Berufsgruppen müssen beseitigt werden, um die Konkurrenz bei der Personalrekrutierung zwischen Sanitätsunternehmen und sozialpflegerischen Einrichtungen zu beseitigen.

 

4. UMWELT, LANDSCHAFT UND NACHHALTIGKEIT

Unter Nachhaltigkeit verstehen wir Maßnahmen, die ökologisch, sozial und ökonomisch sinnvoll und vor Ort umsetzbar sind, nicht ideologische Allgemeinplätze, sozial unverträgliche Kosten oder Regelungen, die bis in die Wohnzimmer der Privatpersonen reichen und deren Auswirkungen nicht einmal messbar sind.

 

4.1 Landschaftsschutz

Der größte Teil unserer Landschaft ist eine Kulturlandschaft, die sich über Jahrhunderte durch die Arbeit unserer Vorfahren entwickelt ist. Die Kulturlandschaft ist ein Lebens- und Wirtschaftsraum, der Identität für alle schafft. Doch Landschaft verändert sich heute schneller, tiefgreifender und endgültiger als je zuvor. Das bedeutet mehr Verantwortung im Umgang mit Natur und Landschaft. Von den 6% der Fläche Südtirols, die für bauliche Eingriffe geeignet sind, dürfte bereits ein Drittel verbaut sein. Wenn wir so weitermachen, sind unsere Talböden in 100 Jahren völlig versiegelt. Für die nächsten Generationen muss es Raum für Entwicklung geben. Die Europäische Landschaftskonvention unterscheidet zwischen herausragenden Landschaften, Alltagslandschaften, verstädterten Landschaften und beeinträchtigten Landschaften. Alle diese Landschaften verdienen unsere Aufmerksamkeit, auch wenn sie unterschiedlich behandelt werden müssen. Wir setzen uns für eine natur- und sozialverträgliche Entwicklung des Alpenraums ein. Die Naturdenkmäler und Biotope sind die Perlen der Südtiroler Landschaft, Hotspots der Ästhetik und Artenvielfalt. Sie sind durch Umnutzung, Beeinträchtigung, Nährstoffeintrag, Entwässerung und Verschmutzung gefährdet. Für die Pflege und Erhaltung dieser Hotspots wäre aus dem großen Gesamtbudget des Landes nur ein sehr geringer Anteil an Geld und Personal notwendig. Stattdessen ist genau das Gegenteil der Fall. Hier bedarf es einer Umkehr hin zu einem klaren politischen Bekenntnis zum Schutz der Biotope und Naturdenkmäler. Der Nationalpark und die Naturparke sind die Großschutzgebiete Südtirols, sie bedecken rund ein Viertel der Landesfläche. Sie sind ein Aushängeschild Südtirols und ein wesentlicher Pfeiler des Tourismus. Die Ernennung der Dolomiten zum UNESCO-Welterbe bedeutet eine zusätzliche Anerkennung und Verpflichtung. Die Landesregierung hat sich hingegen sogar erdreistet, ein Stück Land inmitten unseres Welterbes an Private zu verscherbeln. Wir versprechen: So etwas wird es mit uns nie geben. Öffentliches Eigentum, das dem Schutz unterliegt, insbesondere dem naturgeschichtlichen, künstlerischen oder ökologischen Schutz unterliegt, der auf Landes-, Bundes- oder supranationaler Ebene von anerkannten oder akkreditierten Behörden oder Institutionen angeordnet wurde, ist für uns unveräußerlich. Die Rolle des Alpenvereins und des CAI muss gestärkt werden, indem sie in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden, die unsere Berge betreffen. Wir brauchen kein Hollywood in unseren Alpen – ihre Unversehrtheit muss für die kommenden Generationen gesichert werden. Dazu gehört die Unterschutzstellung weiterer Gebiete, wie z.B. der Cunfin-Böden und des Langkofels, sowie der Stopp der öffentlichen Förderung von neuen touristischen Aufstiegsanlagen. Wir setzen uns für einen partizipativen Prozess und konkrete Projekte ein, um den Menschen in den Naturparks die Vorteile näher zu bringen und sie daran teilhaben zu lassen. Für die Landwirte in den Naturparks ist eine gezielte Förderung notwendig, um eine extensive Bewirtschaftung innerhalb der Naturparks zu ermöglichen und die Landschaftspflege für die Landwirte attraktiver zu machen. Die natürliche und naturnahe Landschaft außerhalb der Schutzgebiete ist ebenfalls Grundlage für den Tourismus, vor allem aber für die Menschen, die in Südtirol leben und arbeiten. Hier ist der Veränderungsdruck besonders groß. Dazu gehören die Erschließung bisher unbebauter, naturbelassener Landschaftsteile, die Rodung von Wäldern zugunsten der Landwirtschaft, vor allem aber der Neu- und Ausbau von Skigebieten einschließlich der dazugehörigen Infrastruktur wie Speicherbecken und 18 Versorgungseinrichtungen. Hinzu kommen die Beeinflussung und Veränderung natürlicher Fließgewässer zur Energienutzung, Bewässerung und Beschneiung sowie Eingriffe in die Landschaft zur Gewinnung von Steinen und Schotter. Die oft punktuellen und unkoordinierten Eingriffe sollten durch übergeordnete Konzepte, in denen ein ausgewogener Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Akteuren stattfindet, schrittweise zur Ausnahme werden und nicht die Regel bleiben. Es erweist sich als kontraproduktiv, dass in den letzten Jahren die Fachplanungen in den verschiedenen Bereichen entweder abgeschafft oder nur unzureichend genutzt wurden. Wir setzen uns für eine effizientere Planung, Steuerung und Kontrolle von landschaftsverändernden Prozessen ein. Das 2018 verabschiedete Landesgesetz Raum und Landschaft wird diesen Anforderungen in seiner jetzigen Form bei weitem nicht gerecht. Ein Zeichen dafür ist die ständige Überarbeitung des Gesetzes mit immer neuen Ausnahmeregelungen für die Lobbys, die im Gegenzug den Machterhalt des SVP-Systems sichern. Südtirol ist kein einheitliches landwirtschaftliches Gebiet. Die Obst- und Weinbaugebiete und die als Grünland genutzten Flächen stellen völlig unterschiedliche Realitäten dar. Während die Grenzertragsflächen in den höheren Lagen von der Nutzungsaufgabe bedroht sind, findet in den tiefer gelegenen Gunstlagen eine fortschreitende Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion in Monokulturen statt, deren zukünftige Rentabilität mittlerweile selbst in Frage gestellt ist. Dies geht Hand in Hand mit der Ausräumung der Kulturlandschaft und dem Verschwinden der verbliebenen Natur. Hinzu kommt, dass landwirtschaftliche Flächen, insbesondere in Gunstlagen, in den letzten Jahrzehnten zum flächenmäßig bedeutendsten Bauland geworden sind. Der Agrarraum ist wirtschaftliche Grundlage für die Landwirte, Landschaftserlebnis für die Touristen, Lebensraum für die Wohnbevölkerung. Die Begrenztheit des Raumes und die Verflechtung der Nutzungen führen zwangsläufig zu Interessenskonflikten. Vor allem der Verlust der landschaftlichen Vielfalt wird wahrgenommen, aber auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Umwelt und damit im Lebensraum der dort lebenden Menschen wird zunehmend diskutiert. Die Erhaltung der Biodiversität sollte in Zukunft das grundlegende Paradigma für die öffentliche Förderung sein und nicht die Produktion. Wir sind für einen besseren Schutz der Kulturlandschaft vor Verbauung und Zersiedelung, für die Förderung extensiver Bewirtschaftungsformen, insbesondere in Grenzertragslagen, im Sinne der Erhaltung des Landschaftsbildes. Wir stehen für einen ehrlichen Diskurs zwischen den Akteuren unter dem Dach einer ausgleichenden Politik im Sinne des Gemeinwohls, das nicht die Summe von Partikularinteressen sein kann. Das Wissen über Natur und Landschaft ist nicht in allen Bereichen ausreichend. Vielerorts wird geforscht, Universität, Eurac, Landesämter, Naturmuseum sammeln Daten, überregionale Projekte wie Interreg werden durchgeführt. Allerdings bleiben viele Forschungsaktivitäten auf der rein wissenschaftlichen Ebene. Oft fehlt es an der Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Praxis. Auch der Daten- und Informationsfluss zwischen den Institutionen ist oft noch unzureichend. Wir befürworten weitere Forschung in den Bereichen Natur, Biodiversität und ökologischer Landbau, vor allem aber die Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse in die Praxis.

 

4.2 Umwelt, Landschaft, Nachhaltigkeit

Wir sehen den Menschen als Teil eines Ganzen und stellen die Ökologie wie auch die soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt. Der Klimawandel stellt uns vor die Herausforderung, seine unmittelbaren Folgen abzufedern und seine Ursachen weitmöglichst einzuschränken. Wir wollen den nachfolgenden Generationen ein Südtirol hinterlassen, das ihnen noch breite Entfaltungs- und Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Noch nie waren die wissenschaftlichen Grundlagen des vom Menschen verursachten Klimawandels so gut belegt, dass politische Entscheidungen getroffen werden müssen, die mit lokal messbaren und wirksamen Maßnahmen Wege zur Bewältigung der Klimakrise aufzeigen und umsetzen, wobei die breite Bevölkerung nicht durch Verbote und Bevormundung, sondern durch konkrete wirtschaftliche Anreize, sozial gerechte Förderung und faktenbasierte Aufklärung mitgenommen werden muss. Ökologische Nachhaltigkeit in Verbindung mit sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit muss Ausgangspunkt entsprechender Diskussionen, Planungen und Entscheidungen sein. Das Ziel muss ein klimaneutrales Südtirol bis 2040 sein. Wir müssen nicht die Welt retten, wir müssen nur unsere Hausaufgaben in Südtirol machen. Daran wollen wir jede Landesregierung erinnern, damit den schönen Worten endlich auch messbare Taten folgen.

 

4.3 Nachhaltig unterwegs

4.3.1 Reduzierung des Verkehrsaufkommens

Wir setzen uns für die Stärkung der öffentlichen, intermodalen Mobilität in der Hand des Landes und der Gemeinden ein und geben ökologisch nachhaltige Antriebstechnologien den Vorzug. Wir fordern eine konkrete Rückbesinnung auf die Vorteile der 21 Nahversorgung, auch durch gezielte Maßnahmen des Landes, gerade weil wissen, dass der sogenannte E-Commerce auch außerhalb der großen Ballungszentren immer größere Käuferschichten gewinnt und der Trend zu großen Einkaufszentren in dörflichen oder städtischen Randzonen gerade in den Städten Südtirols eher zu- als abnehmen wird. Die damit einhergehende ständige Zunahme der Mobilität der Menschen erfordert dringend eine Verkehrspolitik, die zunehmend übergemeindlich und überregional zu planen und zu gestalten ist. Sie muss sich verstärkt an den Grundsätzen der Umweltverträglichkeit, der Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene und der Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) orientieren. Sie muss aber auch berücksichtigen, dass es spezifische Lebens- und Standortsituationen gibt, bei denen das Auto, ob fossil oder regenerativ angetrieben, gegenüber dem öffentlichen Verkehr noch immer konkurrenzlos ist. Es ist Aufgabe einer durchdachten Raumordnungspolitik, die Arbeitsplätze wohnortnah anzusiedeln. Unabhängig davon ist es wichtig, die Potenziale der digitalen Verwaltung zu nutzen und in allen Gemeinden Südtirols die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass auch hochqualifizierte Berufe ausgeübt werden können. Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung der Amtswege und der zunehmenden Vertrautheit immer breiterer Bevölkerungsschichten damit, sind diese Überlegungen mit den neuesten technischen und gesellschaftspolitischen Entwicklungen in Einklang zu bringen, da in beiden Fällen unnötige Behördengänge vermieden werden können. Dennoch darf in einer alternden Gesellschaft nicht vergessen werden, dass viele ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger noch Schwierigkeiten mit digitalen Behördengängen haben. Hier gilt es, mit einer Politik einzugreifen, die den Bedürfnissen dieser Bürgerinnen und Bürger gerecht wird, zumal Einzelhaushalte ohne Kontakt zu digital versierteren Familienmitgliedern vor allem in städtischen Ballungsräumen eine überproportionale Realität unter älteren Menschen sind. Die Politik muss unsere Naturparks vor dem Verkehr schützen. Um unsere Täler zu entlasten, sind dringende Maßnahmen für den Pässe-Tourismus unumgänglich, wie die Einführung einer Maut oder gegebenenfalls zeitliche Beschränkungen. Die Erreichbarkeit besonderer touristischer Hot Spots muss unabhängig vom öffentlichen Verkehr durch Ticket- oder privat finanzierte, ökologisch sinnvolle Zubringerinitiativen unter Ausschluss des PKW-Verkehrs gewährleistet werden. Südtirol sollte auf einen weitgehend autofreien Tourismus setzen, insbesondere bei An- und Abreise. Einige Destinationen sind bereits vollständig ohne Individualverkehr erreichbar. Ziel ist die autofreie Erreichbarkeit aller relevanten Destinationen und die damit verbundene Verkehrsentlastung für die Bevölkerung unseres Landes.

 

4.3.2 Öffentlicher Verkehr

Ein effizienter Öffentlicher Personennahverkehr kann nur in einem Mobilitätsmix aus Bahn, Bus und Fahrrad funktionieren: Sichere Pendlerparkplätze, E-Bike-Stationen, der Ausbau von inner- und außerstädtischen Mobilitätsknoten und des überregionalen Personennahverkehrs bieten Lösungen. Aber auch eine hohe Fahrtenfrequenz und die Aufrechterhaltung des Angebots auch in den Tagesrandzeiten sind Grundvoraussetzungen für die Akzeptanz des Angebotes in der Bevölkerung. Der private Mietwagenverkehr sollte gestärkt und erleichtert werden. Auf Euregio-Ebene sollte im Sinne der Benutzerfreundlichkeit darauf hingearbeitet werden, dass die verschiedenen Tickets auch in den jeweiligen Nachbarländern gültig sind. Langfristig sollte über eine Umschichtung der Mittel vom Straßenbau auf den Ausbau und Betrieb des ÖPNV nachgedacht werden. Der Erfolg des ÖPNV hängt wesentlich von der Qualität des Angebots ab. Nach der Neuausschreibung und Neuvergabe der Konzessionen im Überlandverkehr bzw. nach deren Übertragung auf die Inhouse Gesellschaft SASA ist eine kontinuierliche Evaluierung und Überprüfung der Kundenzufriedenheit und der Effizienz der Leistungen einzuführen.

 

4.3.3 Pendler- und Schienenverkehr

Um den Pendlerverkehr zu reduzieren, sollen die Bahnverbindungen ausgebaut werden. Der bereits begonnene Bau der Riggertalschleife, die Verdoppelung und Begradigung der Strecke Meran-Bozen, der Ausbau der Pustertalbahn, die Elektrifizierung der Vinschger Bahn sowie ein drittes Bahngleis ins Unterland bis Salurn entsprechen einer zeitgemäßen Verkehrspolitik; Züge von Bozen nach Innsbruck sollen durchgebunden werden; der Bau der Zulaufstrecken zum Brennerbasistunnel hat Priorität, bis dahin sollen die RoLa Kapazitäten ausgebaut werden. Der Schülerverkehr soll von den jeweiligen Gemeinden einzeln oder im Verbund koordiniert werden. Bei der Organisation und Genehmigung von öffentlichen Veranstaltungen sollte die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder speziell organisierten Shuttle-Services ein vorrangiges Beurteilungskriterium sein.

 

4.3.4 Fahrradmobilität

Das Fahrrad bringt neue Mobilität. Das Radwegenetz ist weiter auszubauen, die Sicherheit für Radfahrer zu verbessern und das Angebot an Fahrradabstellanlagen und Stellplätzen in Mobilitätszentren und Ortskernen bedarfsgerecht anzupassen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Zuge der zunehmenden Nutzung von E-Bikes und E-Scootern das Sicherheitsbedürfnis von Fußgängern bei der Begegnung mit Radfahrern ebenso ernst genommen werden muss.

 

4.3.5 Busverkehr

Im Stadtverkehr sollten Busse mit umweltfreundlichen Antrieben eingesetzt werden, während im Überlandverkehr bei der Anschaffung neuer Fahrzeuge oder dem sukzessiven Austausch der Flotte ein Leistungsvergleich mit konventionell angetriebenen Bussen nicht außer Acht gelassen werden sollte, auch unter Berücksichtigung besonderer Witterungsbedingungen. Gute Busverbindungen (Halbstunden- oder Viertelstundentakt) sind im ländlichen Raum notwendig, um als Alternative zum Pkw attraktiv zu sein. Ausreichende Buskapazitäten müssen auch zu Stoßzeiten, in der Tagesrandzeit und bei schlechtem Wetter gewährleistet sein! Die Linienführung ist in regelmäßigen Abständen mit den Behörden und der Bevölkerung zu überprüfen. Nightliner-Angebote für junge Nachtschwärmer sind auszubauen.

 

4.3.6 Lkw- und Transitverkehr

Mehr überregionaler Güterverkehr auf der Schiene für Transporte über den Alpenkorridor und die verstärkte Nutzung bestehender Infrastruktur (Stichwort RoLa) erfordert die Realisierung von Verladebahnhöfen in Verona und Südbayern. Blockabfertigung, Feiertagskoordination, Maut- und Dieselpreisgestaltung sind mit den Nachbarländern in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino abzustimmen und gegenüber den äußeren Nachbarn (allen voran Bayern und Venetien) und gegenüber Brüssel zu vertreten. Vinschgau, Eisacktal, Wipptal und Pustertal sind mit internationalen Transitinteressen konfrontiert, die ihre Zukunft bedrohen. Lärm-, Feinstaub- und Stickoxidbelastungen stellen eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit dar. Ein Teil des LKW-Aufkommens auf der Brennerautobahn ist auf Umwegverkehr von anderen Nord-Süd Achsen zurückzuführen. Damit die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen hat, steht u.a. folgendes Ziel im Mittelpunkt der Bemühungen, die Konzession für den Betrieb der Brennerautobahn durch die A22 Brennerautobahngesellschaft für die Region und die Autonome Provinz Bozen-Südtirol durch eine mehrheitlich in öffentlicher Hand befindlichen Betreibergesellschaft zurückzugewinnen. Eine direkte Entschädigung der Anrainergemeinden durch die A22 könnte vorübergehend in Betracht gezogen werden. Die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene wird auch durch Investitionen in die RTC (Rail Traction Company) angestrebt, die von spezialisierten Managern aus der Branche geführt werden soll.

 

4.4 Umweltwirkungen und Kostenwahrheit

Wir fordern eine transparente Kostenwahrheit unter Einbeziehung aller wesentlichen Umweltfaktoren für alle Verkehrsträger, die Wirtschaft und den Tourismus berücksichtigt. Wir schlagen die gezielte Förderung von Unternehmen und neuen Geschäftsmodellen vor, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet fühlen und zur Reduktion der Umweltauswirkungen beitragen.

 

4.5 Tierschutz

In Südtirol gibt es einen Landesveterinärdienst, der bei der Autonomen Provinz Bozen angesiedelt ist, und einen Betriebsveterinärdienst, der beim Sanitätsbetrieb angesiedelt ist. Aus diesem Grund kann es zu Überschneidungen bei den Zuständigkeiten kommen und dem Fehlen eines klaren Ansprechpartners für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch für Vereine, wie z.B. Tierschutzvereine. Es ist daher notwendig, klare und transparente Zuständigkeiten zu schaffen. Die in der Landesgesetzgebung enthaltenen Maßnahmen zum Schutz der Tierwelt und zur Verhinderung des Streunens von Tieren sind einzuhalten. Bei Überlastung des amtlichen Veterinärdienstes sind freiberufliche Tierärzte zu beauftragen, auch die Tierschutzvereine des Landes sind verstärkt einzubinden. Im Gegenzug sollen die ehrenamtlich geführten Vereine höhere Beiträge erhalten, um kostendeckend arbeiten zu können; sie werden aber auch zu einer transparenten Rechnungslegung verpflichtet. In der Provinz Bozen gibt es nur ein öffentliches Tierheim, das nicht alle Tiere, insbesondere Katzen, aufnehmen kann. Eine Erweiterung des bestehenden Tierheims oder die Einrichtung einer eigenen Auffangstation für streunende Tiere sollte in Betracht gezogen werden. Das Team K spricht sich zudem für eine artgerechte Tierhaltung und bei Nutztieren für eine möglichst stressfreie Schlachtung aus.

 

4.6 Großraubtiere

Die Diskussion über Wölfe und Bären muss jenseits von Extrempositionen geführt werden. Heute wissen wir: Die Einführung des Life-Ursus-Projektes, vor allem aber sein konzeptloses Management waren eine schlechte Idee. Die Großraubtierpopulation muss reguliert und kontrolliert werden, die Modalitäten dafür müssen von kompetenten Wissenschaftlern festgelegt werden – sei es durch Entnahme von Problemtieren, Umsiedlung, Sterilisation, Besenderung oder andere Maßnahmen. Nicht die Tiere, sondern die Politik ist schuld an der Situation. Für die notwendige Bestandsreduzierung muss die tierschutzgerechteste Option gefunden werden. Auf jeden Fall müssen die Sicherheit der Population und die Bewirtschaftung der Almen Vorrang haben. Ziel muss es sein, die autonome Zuständigkeit für den Umweltschutz im Allgemeinen und für die Großraubtiere im Besonderen nach Südtirol zu holen.

 

5. BILDUNG UND KULTUR
5.1 Bildung

Bildung ist das Fundament unserer Gesellschaft. Südtirol braucht mündige, aufgeklärte und verantwortungsbewusste Menschen. Bildung ist der Schlüssel dazu. Die ständige Verbesserung der Bildung in unserem Land, vom Kleinkindalter über die Pflichtschule bis zur Universität, von der Berufsausbildung bis zur außerschulischen Weiterbildung, ist ein Grundpfeiler unserer Politik. Der freie und chancengleiche Zugang zur Bildung ist ein Grundrecht. Wir wollen sicherstellen, dass alle Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben, ihre Talente zu entfalten und ihre Potenziale auszuschöpfen, daher sind die Bildungsinstitutionen in unserem Land durch gezielte Investitionen zu stärken und der Lehrerberuf aufzuwerten. Wir setzen auf die gezielte Förderung der individuellen Stärken. Die Aufwertung der handwerklichen Ausbildung, das duale Ausbildungssystem und die Einführung der Berufsmatura sind wichtige Schritte, um Talente optimal zu fördern. Junge Menschen brauchen konkrete Zukunftsperspektiven in Bildung, Ausbildung und Beruf. Dazu gehören nicht nur die duale Ausbildung, die Anerkennung von Studienleistungen und die Erleichterung von Auslandsaufenthalten, sondern auch neue, flexible und unbürokratische Arbeitsmodelle, die das Arbeiten in unserem Land wieder attraktiv machen. Wir erkennen die Mehrsprachigkeit unseres Landes als unverzichtbares Charakteristikum an und wollen dem daraus resultierenden Mehrwert und Wettbewerbsvorteil durch gezielte Förderung im Rahmen von Bildung und Ausbildung Rechnung tragen. Wir setzen auf die Verbesserung der Sprachkompetenz durch gezielte Maßnahmen in Kindergarten und Schule, die gemeinsam mit Eltern- und Schulvertretern entwickelt werden. Wir bekennen uns zur kulturellen Identität der Sprache als solcher, setzen aber auf mehrsprachigen Unterricht und ein zukunftsweisendes Modell im Sinne der europäischen Idee. Der frühe Zweit- und Drittspracherwerb kann ein Anlass für die Eltern sein, sich selbst um den Spracherwerb ihrer Kinder zu kümmern, denn alle Bemühungen, das von vielen beklagte Nebeneinander der Sprachgruppen zu verändern, müssen bei den Familien ansetzen. Und bei den Familien setzen wir mit unseren Initiativen an. Zweisprachige Kindergärten und mehrsprachige Schulklassen sind als frei wählbare Alternativen dort anzubieten, wo sie nachgefragt werden, auch um die internationale Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Südtirol weiterhin zu gewährleisten. Wir wollen die frühkindliche Bildung fördern und weiter ausbauen, um den Kindern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Alle Kinder sollen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft eine gute Vorbereitung auf die Schule erhalten. Wir unterstützen eine rhythmisierte Ganztagsschule, die Lernen, Bewegen, Verweilen, Diskutieren, Essen und vieles mehr in einem gesunden Rhythmus ermöglicht. Lernen wird dabei nicht mehr eindimensional als sprachlich-logisches oder mathematisch operatives Lernen verstanden, sondern beinhaltet Erweiterungen in Richtung musikalisches, emotionales und räumlich-gestalterisches Lernen. Je stärker „kognitive“ Lerninhalte mit diesen Lernbereichen verknüpft werden, desto umfassender kann die Behaltensleistung der verschiedenen Lernenden sein. Die Herausforderungen, vor denen unsere Schule heute steht, sind das Ergebnis der Bildungspolitik der letzten 20 Jahre. Wir fordern deutsche, italienische und bilinguale Klassenzüge an Grund- und Mittelschulen. Die Einschulung von Kindern, die die Schulsprache/Schulsprachen nicht ausreichend beherrschen, ist durch intensive Sprachförderung zu unterstützen. Das gesellschaftliche Ansehen des Lehrerberufs muss aufgewertet werden. Unsere Kinder, Jugendlichen und Auszubildenden sind nur dann für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet, wenn wir sie dazu befähigen. Dazu brauchen wir motivierte, hervorragend ausgebildete und leistungsgerecht entlohnte Lehrerinnen und Lehrer. Angesichts der immer komplexer werdenden Zusammenhänge in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft besteht ein hoher Bedarf, Politische Bildung als eigenständiges Fach in allen Oberschulen einzuführen. Dies gibt den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, sich mit den wichtigsten politischen, sozialen, rechtlichen und gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit auseinanderzusetzen und bereitet sie auf eine aktive Rolle als Bürgerinnen und Bürger in der Gesellschaft vor. Die Freie Universität Bozen hat als dreisprachige Universität eine starke Signalwirkung für das ganze Land und darüber hinaus. Dennoch wird die Universität immer mehr zum Spielball politischer 30 Einflussnahme. Wir fordern eine Entpolitisierung unserer Universität, denn Forschung und Lehre sind frei und dürfen keine politischen Scheuklappen tragen. Wir fordern ein klares Umdenken der Investitionen, wir brauchen keine Kathedralen in der Wüste, sondern wissenschaftlich hochqualifizierte Studiengänge, die durch die Mehrsprachigkeit ein Alleinstellungsmerkmal erhalten.

 

5.2 Kultur

Kultur kostet Geld! Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat es 1991 in einer denkwürdigen Rede auf den Punkt gebracht: Die Förderung der Kultur darf im Kern nicht weniger eine Pflichtaufgabe der öffentlichen Haushalte sein als etwa der Straßenbau, die öffentliche Sicherheit oder die Finanzierung der Gehälter im öffentlichen Dienst. Es ist grotesk, dass wir Ausgaben im Kulturbereich meist als „Subventionen“ bezeichnen, während niemand auf die Idee käme, die Ausgaben für ein Bahnhofsgebäude oder einen Spielplatz als „Subventionen“ zu bezeichnen. Der Begriff führt in die falsche Richtung. Denn Kultur ist kein Luxus, den wir uns leisten oder einsparen können, sondern sie ist der geistige Nährboden, der unsere innere Überlebensfähigkeit sichert. Das ist der Grundsatz unserer Kulturpolitik. Wir wissen, dass Kultur wesentlich zur Lebensqualität beiträgt und die Grundlage für ein menschenwürdiges Dasein schafft. Ebenso ist die Kultur neben der Bildung die Grundlage für eine funktionierende Demokratie. Zusammenleben setzt nicht unbedingt eine gemeinsame Vergangenheit voraus, und auch in der Gegenwart kann es Reibungspunkte geben. Entscheidend ist die Perspektive einer gemeinsamen Zukunft. Kultur hat dabei eine entscheidende Mittlerfunktion. Das ist ein Grundsatz unserer Kulturpolitik. Junge Menschen brauchen Vorbilder. Wir fördern einen zukunftsorientierten und offenen Blick auf die Welt. Dabei setzen wir auf regionale, überregionale und europäische Begegnungen, auf interkulturellen Austausch zwischen den Jugendlichen aller Sprachgruppen in Südtirol, auf Solidarität, Integration und den Abbau von Vorurteilen. Unser oberstes Ziel ist es, die Entwicklung junger Menschen so zu fördern, dass sie ihre Persönlichkeit in Achtung der Menschenwürde und der Umwelt frei entfalten können. Das Auslandsjahr in der 4. Klasse Gymnasium soll von Land und Schulen verstärkt gefördert werden, um das Erlernen von Fremdsprachen und die Lebenserfahrung unserer Jugend zu unterstützen. Wir fördern die Kultur in ihren vielfältigen Ausdrucksformen. Kulturelle Identität gehört zu jeder Gesellschaft, sie ist eine gewachsene Tradition, lebt aber auch von modernen und innovativen Visionen. Wir begrüßen die freie Entfaltung von Kunst und Kultur als Grundlage einer demokratischen Gesellschaft. Unsere kulturpolitische Aufgabe ist es, die notwendigen Rahmenbedingungen – finanziell und strukturell – zu schaffen, damit sich Kultur in ihren vielfältigen Formen entfalten kann. Wir legen großen Wert auf die Förderung der vielfältigen kulturellen Potenziale unterschiedlichster Interessengruppen und Bevölkerungsschichten, von der Kinder- und Jugendkultur bis zu kulturellen Angeboten für Senioren, von ehrenamtlichen Vereinen bis zu professionellen Kultureinrichtungen. Von besonderer Bedeutung ist die Unterstützung der Kulturschaffenden vor Ort. Wir plädieren für eine langfristige Planung und setzen uns für eine mehrjährige Förderung ein, um den Kulturschaffenden Planungssicherheit zu geben. Um eine fruchtbare Kulturpolitik in unserem Land zu verankern, müssen wir entsprechende Perspektiven und Ziele entwickeln, verbunden mit geeigneten Maßnahmen zu deren Umsetzung. Dazu bedarf es eines allgemeinen kulturpolitischen Grundsatzprogramms, das von allen Kulturschaffenden unseres Landes mitgetragen wird.

 

6. STARKE WIRTSCHAFT - STARKES LAND

Erfolgreiches Unternehmertum schafft Wohlstand, der sich in Eigentum, Bildung, Infrastruktur, Kultur, sozialem Ausgleich und Gemeinwohlorientierung ausdrückt. Wir streben eine zukunftsfähige, innovative und ökologisch tragfähige Wirtschaft in allen Branchen an und fördern vor allem regionale Kreisläufe – das verstehen wir unter Nachhaltigkeit. Dazu schaffen wir wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen unabhängig von Unternehmensgröße und Branche, u.a. durch Bürokratieabbau und transparente Genehmigungsverfahren statt Subventionen. Freiheit und Wettbewerb stärken das Unternehmertum, deshalb beschränkt sich die öffentliche Verwaltung auf ihre Kernkompetenzen.

Die Erreichung dieser Ziele wollen wir mit 10 Maßnahmen fördern:

 

6.1 Südtirol als Wirtschaftsstandort

Im Rahmen des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden ist der Entwicklung der heimischen Wirtschaft Vorrang einzuräumen. Wirtschaftsförderungsprogramme sind sowohl nach den Grundsätzen der ökologischen Nachhaltigkeit als auch nach den Erfordernissen der neuen digitalen Wirtschaft auszurichten. Die Investitionsförderung und Standortsicherung im ländlichen Raum muss auch im Sinne der Versorgungssicherheit Vorrang haben. In strategischen Bereichen wie Infrastrukturerhaltung, Energieerzeugung, Wohnbau, Forschung und Entwicklung ist die Finanzierung über einen Rotationsfonds wieder aufzunehmen und beizubehalten. Genossenschaften und Verbände müssen von der Parteidominanz befreit werden und dürfen ausschließlich den Interessen ihrer Mitglieder verpflichtet sein. In der Bürokratie sind schnellere Verfahren, Nutzerfreundlichkeit durch Digitalisierung, Vermeidung von Behördengängen sowie Transparenz und Gleichbehandlung als konkrete Ziele der Verwaltung zu definieren und umzusetzen. Dazu gehört auch die konsequente Umsetzung des „Once Only“-Prinzips (keine Daten oder Dokumente von Bürgern und Unternehmen verlangen, die sich die öffentliche Verwaltung selbst beschaffen kann). Innovation und Internationalisierung sind auch für die Südtiroler Klein- und Mittelbetriebe wesentliche Motoren für zukünftiges Wirtschaftswachstum. Die Gesamtausgaben für Investitionen in Forschung und Entwicklung sind daher nachhaltig und jährlich auf mindestens 3% des Bruttoinlandsprodukts anzuheben und vor allem auf die Kernforschungsbereiche Green Technology, Alpine Technology und Lebensmitteltechnologien zu konzentrieren. Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Einrichtungen für den technologischen Wissenstransfer muss verstärkt werden. Doppelspurigkeit zwischen Universität und EURAC sind zu vermeiden.

6.2 Regionalisierung und Dezentralisierung

Regionalisierung bedeutet für uns die Konzentration auf die Stärken des Landes mit einer klaren Ausrichtung auf die Zukunft. . Den Herausforderungen und Nachteilen der Globalisierung muss auch durch die Förderung der regionalen Stärken des Landes Südtirol begegnet werden. Ziel muss es sein, in den Bereichen ökologische Infrastruktur, Zugang zu Technologie, Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen, Energieversorgung, personalisierte Medizin, moderner Tourismus und ökologische Landwirtschaft eine Spitzenposition unter den europäischen Regionen einzunehmen. Regionale Kreisläufe sollen im Rahmen der europäischen Richtlinien gestärkt werden, indem kurze Wege und ortsansässige Arbeitskräfte belohnt werden und die Beschaffungspolitik des Landes entsprechend ausgerichtet wird. Öffentliche Dienstleistungen sollen dezentralisiert werden, wodurch die Landeshauptstadt entlastet wird.

6.3 Lokale Steuern und Abgaben

Südtirol muss die Steuerhoheit für alle Steuern beanspruchen. Die Kommunalsteuern müssen investitionsfreundlich und progressiv gestaltet werden. Das Land muss im Rahmen der durch das Sonderstatut gesetzten Grenzen den größtmöglichen Gestaltungsspielraum nutzen, auch durch die Gewährung von Steuergutschriften im Rahmen von Fördermaßnahmen. Für die Landessteuern und alle Abgaben muss das Transparenzprinzip und das Verursacherprinzip gelten. Grundsätzlich gilt, dass eine moderne Verwaltung die Gebühren und Kommunalabgaben berechnet und dem Steuerpflichtigen mit Hilfe modernster Technik zur einfachen Zahlung übermittelt. Die Beweislast muss immer bei der Steuerbehörde liegen. Ebenso wie Steuerhinterziehung muss auch Steuerverschwendung bestraft werden. Bei der Grundsteuer ist ein einheitlicher Steuersatz für alle Wirtschaftsbereiche anzustreben und die ungleiche Besteuerung von im Wesentlichen gleichen Tätigkeiten zu vermeiden.

 

6.4 Rechtssicherheit und Daseinsvorsorge

Rechtssicherheit für die Wirtschaft muss oberstes Gebot im Zusammenspiel von Staat und Wirtschaft sein. Wir fordern klare Regeln und Gesetze, die für alle Akteurinnen und Akteure in allen Wirtschaftsbereichen und Größenordnungen gleichermaßen gelten und konsequent umgesetzt und kontrolliert werden. Die Landesgesetze müssen bürgerfreundlich formuliert und zu sachgerechten Einheitstexten zusammengefasst werden. Es muss ein Grundrecht auf eine gerechte und faire Verwaltung sowie auf verbindliche Rechtsauskünfte der Behörden geben. Erst Mahnungen und präventive Klärungsversuche, dann Sanktionen. Die Volksanwaltschaft muss ausgebaut und entpolitisiert werden und sollte durch mehrere Ombudsstellen nach Fachbereichen gestärkt werden. Eine Prüfstelle im Landtag regt die Abschaffung obsolet gewordener Gesetze an und schätzt vor der Verabschiedung neuer Gesetze den bürokratischen Aufwand und die Folgekosten für die Bevölkerung und die Betriebe ab. Die Struktur der Südtiroler Wirtschaft erfordert eine viel stärkere Berücksichtigung der Klein- und Mittelbetriebe.

 

6.5 Leistungsprinzip und Gerechtigkeit

Arbeit und Leistung müssen sich wieder lohnen, sowohl in der Privatwirtschaft als auch in der öffentlichen Verwaltung. Es müssen neue Anreize für Unternehmen geschaffen werden, die Qualität der Arbeit zu sichern. Moderne, digital zugängliche Bewertungs- und Beschwerdestellen müssen eingerichtet werden. Unternehmen, die nachweislich einen überdurchschnittlichen Beitrag zum Wohlbefinden ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten, sollen eine offizielle öffentliche Anerkennung erhalten. Kontrollen durch die verschiedenen Kontrollinstanzen der Länder sind zu bündeln und betriebsverträglich durchzuführen.

 

6.6 Landwirtschaft

Wir wollen eine Landwirtschaft, die stärker im Einklang mit der Natur steht. Sie soll gesund, vorausschauend und schonend sein. Die wirtschaftliche Situation der bäuerlichen Betriebe soll gesichert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, halten wir folgende Maßnahmen für notwendig:

  • Südtirol muss seine hervorragenden Voraussetzungen nutzen und sich zu einer neoökologischen Vorzeigeregion entwickeln;
  • Die Produktion von gesunden, gentechnikfreien und mittelfristig rückstandsfreien Lebensmitteln muss oberste Priorität haben;
  • Subventionen sollen ausschließlich den wirtschaftenden Landwirten zugutekommen.
  • Landwirtschaft und Tourismus müssen wieder in Einklang gebracht werden und gemeinsame Ziele finden;
  • Das Tierwohl muss ein zentrales Anliegen der bäuerlichen Tätigkeit bleiben.

 

6.7 Tourismus

Südtirol lebt von seiner einzigartigen Natur, seiner kulturellen Eigenart und seiner weltweit anerkannten und geschätzten Vielfalt. Auch hier wird konsequent auf Regionalität gesetzt. Besonderes Augenmerk legen wir auf die Erhaltung und den Schutz solider, familiengeführter Betriebe gelegt. Der Wirtschaftsdienstleister IDM soll aufgespalten und neu ausgerichtet werden. Für den Tourismus soll durch eine neue Struktur eine auf Tourismusmarketing spezialisierte Organisation reaktiviert werden, die sich künftig mit Themen wie Overtourism und Besuchermanagement befasst. . Die Exportaktivitäten und das Agrarmarketing mit Südtiroler Produkten gehen wieder in den Kompetenzbereich der Handelskammer über, alle Innovationsprojekte werden im NOI Techpark gebündelt. Das Marketingbudget der IDM wird entsprechend für das Destinationsmanagement und nicht für zusätzlichen Tourismus verwendet. Eine Erhöhung des IDM-Anteils an der Ortstaxe lehnen wir ab. Die völlig missglückte Tourismusreform ist nach Möglichkeit rückgängig zu machen. Der Bettenstopp ist zu überdenken, um kleinen, familiengeführten Betrieben eine Entwicklungsperspektive zu geben, wenn sie innovative und nachhaltige Konzepte, vor allem im Sinne der Ressourcenschonung, vorlegen. Auf jeden Fall muss die Resortisierung und Vergrößerung der Betriebe gestoppt werden und die volkswirtschaftlich wichtige Verteilung der Wertschöpfung durch Stärkung der familiengeführten 3-Sterne Betriebe gefördert werden.

 

6.8 Industrie, Handwerk, Handel

Nicht zufällig steht die Industrie im Titel an erster Stelle, ist sie doch für den größten Teil der Wortschöpfung in unserem Lande verantwortlich. Ohne eine funktionierende Exportindustrie ist das Welfare System Südtirols in Zukunft nicht aufrecht zu erhalten. Deshalb gilt ihr unser erstes Augenmerk. Durch seine Lage als Bindeglied zwischen Nord und Süd ist Südtirol seit Jahrhunderten ein Land des Handels, des Handwerks und der Industrie. Globalisierung, Digitalisierung und Ökologisierung stellen Südtirols Handel und Dienstleister, Handwerk und Industrie vor große Herausforderungen, aber auch vor große Chancen, auf die die Politik reagieren muss. Indem sie die notwendigen Rahmenbedingungen schafft und erhält. Wir unterstützen den Einzelhandel sowohl in den Städten als auch insbesondere im ländlichen Raum, um die Nahversorgung auch in Zukunft sicherzustellen. Die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen soll – mit Ausnahme der Tourismusgebiete – eingeschränkt werden, um den Sonntag als Familientag zu stärken. Die Südtiroler Handwerksbetriebe sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Wirtschaftsstruktur. Entscheidend für den Erhalt des Handwerks ist die Ausbildung von Fachkräften durch das öffentliche Bildungssystem, die Steigerung der öffentlichen Wertschätzung der handwerklichen Ausbildung und der Abbau von Bürokratie, damit sich die Handwerker auf ihr Geschäft konzentrieren können. Die Exportfähigkeit kleiner und mittlerer Handwerksbetriebe muss gefördert werden.

 

6.9 Energie Autonomie

Handlungsspielräume im Energiebereich sind weitestgehend auszuschöpfen. Bei der Neuausschreibung der Wasserkraftkonzessionen ist darauf zu achten, dass der dem Land zustehende Anteil an Gratisstrom endlich bei den Bürgern ankommt und ihnen nicht länger vorenthalten wird und dass ein Teil der Produktion zu einem Preis an die Bürger geliefert wird, der nicht vom Markt, sondern von den Produktionskosten bestimmt wird. Genossenschaftsmodelle und Energiegemeinschaften werden gefördert und nach Möglichkeit wird versucht, das österreichische Modell des Bill Splitting (Abrechnung von verbrauchtem und erzeugtem Strom) einzuführen. Die nachhaltigste Energie ist gesparte Energie – so gesehen sind Bauwerke auf ihre Energieeffizienz hin zu optimieren, wobei aber die Kosten- Nutzen Bilanz nie aus den Augen verloren werden darf – am Beispiel Klimahaus A versus A+.

6.10 Südtiroler im Ausland

Die Priorität Südtirols sollte weder in der Verhinderung der Abwanderung noch in der forcierten Rückholung hochqualifizierter Südtirolerinnen und Südtiroler aus dem Ausland liegen. Entscheidend ist vielmehr der tatsächliche Saldo der Zu- und Abwanderung von Personen, die den heimischen Arbeitsmarkt stützen. In einer zunehmend wissensbasierten Wirtschaftsentwicklung ist es für Südtirol entscheidend, langfristig einen positiven Wanderungssaldo zu haben, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Südtiroler oder Nicht-Südtiroler handelt, und zwar in einem weltoffenen und europäischen Geist. Die Benachteiligung der im Ausland lebenden Südtirolerinnen und Südtiroler bei der Immobilienbesteuerung (GIS) der in Südtirol gelegenen Wohnungen muss beseitigt werden.

 

7. DIGITALISIERUNG

Die Digitalisierung ist ein Motor des Fortschritts und bietet neue Möglichkeiten zur Verbesserung der Lebensqualität. Hinter der Umsetzung steht auch in Südtirol ein großes Fragezeichen. Die Bevölkerung muss umfassend über die Umsetzungsmöglichkeiten informiert und in der Nutzung der neuen Dienste geschult werden. Die notwendige Infrastruktur muss von der öffentlichen Hand bereitgestellt werden. Dazu gehört in erster Linie ein Glasfasernetz, um schnelles Internet für alle zu gewährleisten. In Zeiten großer Veränderungen, in denen alte Berufsbilder verschwinden und neue entstehen, ist eine rechtzeitige Umschulung die Voraussetzung für eine verlustfreie Umgestaltung der Arbeitswelt. Ziel ist es, die digitale Kluft zu überwinden und allen Menschen die Chance zu geben, an der Digitalisierung teilzuhaben. Darüber hinaus kann und muss die Digitalisierung zu mehr Transparenz der öffentlichen Verwaltung und ihren Entscheidungsprozessen führen. Der Datenaustausch innerhalb und vor allem zwischen den Verwaltungen soll verbessert werden, Daten sollen von den Bürgerinnen und Bürgern nur einmal abgefragt werden. Um Dienstleistungen verschiedener Verwaltungen an einem Ort anbieten zu können, sollen Bürgerzentren eingerichtet werden. In den Bürgerzentren können die Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit einem Sachbearbeiter Online-Dienste nutzen und Formulare digital versenden. Die Schaffung einheitlicher und vernetzter Datenbanken (Grundbuch, Kataster, Gemeinde und Land) ist voranzutreiben, insbesondere soll jeder Einwohnerin und jedem Einwohner ein Dashboard zur Verfügung gestellt werden, auf dem sie/er ihre/seine Förderansprüche und -verpflichtungen einsehen kann. Dazu gehört auch das einfache und schnelle Bezahlen von Steuern. Darüber hinaus gilt es, die Möglichkeiten der Haustechnik und der digitalen Vernetzung zu nutzen, z.B. automatische Alarmierung in Notfällen und Nutzung der Telemedizin.

 

8. ZUWANDERUNG – INTEGRATION VERBESSERN

Südtirol soll noch mehr als bisher eine weltoffene Gesellschaft sein, die bereit ist, Menschen aller Qualifikationen zu integrieren, die sich in Südtirol eine neue Existenz aufbauen wollen. Eine immer älter werdende Gesellschaft braucht die geregelte Aufnahme möglichst qualifizierter und idealerweise integrationswilliger Zuwanderer. Sie sind ein Teil der Antwort auf den immer dramatischer werdenden Fachkräftemangel in fast allen Bereichen unserer Wirtschaft. Für den Familiennachzug müssen spezielle Integrationsangebote geschaffen werden. Generell plädieren wir für eine Versachlichung der Thematik, für eine Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und Migrantinnen und Migranten aus wirtschaftlichen und anderen Gründen. Südtirol hat keine eigenen Kompetenzen im Bereich der Zuwanderung, kann aber viel zur Integration der Migrantinnen und Migranten in unsere Gesellschaft beitragen. Die aktuellen Zahlen können bewältigt werden, aber diejenigen, die sich nicht an die Regeln halten, müssen unser Land wieder verlassen.

 

8.1 EU und Migration – mehr Verantwortung und Solidarität

Asylrecht und Migrationspolitik müssen auf EU-Ebene gemeinsam geregelt werden. Dabei muss die EU einerseits das Grundrecht auf Asyl, humanitären Schutz und die Versorgung von Flüchtlingen gewährleisten, andererseits aber verhindern, dass Migrantinnen und Migranten Rechte einfordern, die ihnen nicht zustehen. Im Kern geht es darum, schutzbedürftige Flüchtlinge aus Krisengebieten aufzunehmen, nicht aber solche aus sicheren Herkunftsländern, die illegal einreisen und keine Gründe für Asyl und humanitären Schutz geltend machen können.

 

8.2 Steuerung der Einwanderung

Das Versagen der EU-Migrationspolitik stellt die Ersteinreiseländer, allen voran Italien, vor eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Die von der EU beschlossene Verteilung der Asylsuchenden auf alle EU-Staaten funktioniert nicht. Das Asylrecht kann auf Dauer nur funktionieren, wenn abgelehnte Asylbewerber ohne Bleiberecht das Land schnell wieder verlassen. Geschieht dies nicht, wird das Asylrecht zu einer Einladung zum riskanten Grenzübertritt. Das Asylrecht wurde als Grundrecht politisch Verfolgter, deren Leben und Freiheit bedroht sind, geschaffen, nicht als Recht auf freie Arbeitsmigration. Letztere bedarf der Kontrolle, weil die Integrationskapazitäten der Aufnahmeländer begrenzt sind.

 

8.3 Mitverantwortung Südtirols

Südtirol nimmt nach einem nationalen Verteilungsschlüssel 0,9% der Asylbewerber Italiens auf. Daraus ergeben sich staatliche Verpflichtungen, die nicht in Frage gestellt werden. Dennoch: In Erinnerung an die Bewältigung der großen Flüchtlingswelle im Herbst 2015 gilt es, Lehren für die Zukunft zu ziehen (Stichwort: Sprar-Programme) und welche Herausforderungen dies für die Gemeinden, aber auch für die Asylsuchenden, die in diesen Einrichtungen auf die Entscheidung über ihren Asylantrag warten, bedeutet hat (Stichwort: bürokratischer Aufwand hinsichtlich Beschäftigungsmöglichkeiten bzw. Finanzierung).

 

8.4 Integration von anerkannten Asylbewerbern

Integration findet in erster Linie am Arbeitsplatz und in der Schule statt, sowohl für Kinder als auch für Erwachsene. Wer bleibeberechtigt ist, soll die Chance haben, vollwertiges Mitglied unserer Gesellschaft zu werden, mit allem, was dazu gehört: Bildung, Arbeit, Wohnen, sozialer Aufstieg.

Der möglichst ausgewogene Erwerb der beiden Landessprachen (neben dem Ladinischen in den betroffenen Tälern) gilt sowohl für die Kinder als auch für deren Eltern. Hier kann Südtirol ein differenzierteres Angebot an gezielter Förderung anbieten als bisher, einschließlich der seit der Pandemie Covid-19 geschaffenen Möglichkeiten der Online-Aus- und Weiterbildung. Auch Sport und ehrenamtliches Engagement sind geeignete Hebel für eine bessere Integration. Eine frühzeitige Sprachförderung ist notwendig, darüber hinaus sollte Landeskunde zum Pflichtprogramm für Migrantinnen und Migranten gehören, in dem Kenntnisse über die Rechtsordnung, Kultur und Geschichte, Politik und Gesellschaft Südtirols vermittelt werden.

 

8.5 Südtirol braucht Einwanderung

Auch die Südtiroler Wirtschaft braucht Migrantinnen und Migranten mit unterschiedlichen Qualifikationen: Südtirol soll eine weltoffene und integrationsbereite Gesellschaft sein, die bereit ist, Menschen aller Qualifikationen zu integrieren, die sich in Südtirol eine neue Existenz aufbauen wollen. Wir stehen für ein offenes Südtirol und für gelebte Vielfalt. Die große Mehrheit der hier lebenden Ausländerinnen und Ausländer leistet als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie als Unternehmerinnen und Unternehmer einen wertvollen Beitrag für ein besseres Südtirol, zahlt Steuern und Abgaben und hat sich bereits gut in die Arbeitswelt und die Gesellschaft integriert. Für den Familiennachzug sollen spezielle Integrationsangebote geschaffen werden.

 

8.6 Bessere Organisation der Integration auf Landesebene

Damit die Südtiroler Gemeinden neben der finanziellen Unterstützung für eine erfolgreiche Integration auch kompetente Ansprechpartner auf Landesebene haben, braucht es in Südtirol eine eigene Stelle für die Koordination der Integrationspolitik sowie einen Integrationsbeauftragten, der diese Aufgabe in Abstimmung mit dem Innenministerium (Quästur), den Gemeinden und den bewährten ehrenamtlichen Organisationen wahrnimmt. Bereits gut integrierte Ansässige sollen verstärkt eingebunden werden, um den neuen Mitbürgern behilflich zu sein. Eine öffentliche Einrichtung organisiert die professionelle Aufnahme, Betreuung und Verteilung, verhindert das Abdriften von Flüchtlingen in die Anonymität und Illegalität, erleichtert die Verfahren und unterstützt die Integration in den Arbeitsmarkt. Darüber hinaus sollte das Land einen Integrationsbeauftragten ernennen, der alle staatlichen Maßnahmen auf die Einhaltung der internationalen humanitären Verpflichtungen, der staatlichen Vorschriften und der Integrationspolitik des Landes überprüft.

 

9. FREIHEIT IN SICHERHEIT

Wir stehen für eine offene Gesellschaft, in der alle Menschen frei und selbstbestimmt leben können. Freiheit kann es nur in Sicherheit geben. Deshalb stellen wir uns den neuen Herausforderungen, die freiheitliche Grundordnung zu bewahren und weiterzuentwickeln. Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erfordert auch die Einhaltung der Regeln und Normen der demokratischen Rechtsordnung. Südtirol ist nach wie vor relativ sicher. Dennoch fühlen sich viele Menschen durch Übergriffe und die hohe Zahl von Wohnungseinbrüchen bedroht. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger frei und sicher leben können – zu Hause, auf der Straße, auf öffentlichen Plätzen, in Bussen und Bahnen, bei Tag und bei Nacht. Sicherheit ist Voraussetzung für Freiheit, für ein friedliches Zusammenleben und für das Vertrauen in unsere Institutionen. Dafür brauchen wir eine wirksame Sicherheitspolitik, die vor Kriminalität schützt und die Bürgerrechte achtet – keine symbolischen oder populistischen Maßnahmen, sondern eine effektive Politik, die die Sicherheit tatsächlich erhöht und dabei die Grundrechte achtet. Um das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu stärken, setzen wir auf eine gut ausgebildete und angemessen ausgestattete Polizei und eine effektive Zusammenarbeit aller Behörden, einschließlich der europäischen Sicherheitsbehörden. Gerade auf den öffentlichen Verkehrsmittels muss eine angemessene Präsenz der Sicherheitskräfte gewährleistet sein, um die täglichen Probleme in den Griff zu bekommen. Wir wenden uns aber entschieden dagegen, dass Bedrohungslagen dazu missbraucht werden, Ängste zu schüren oder mühsam erkämpfte Freiheitsrechte abzubauen. Wir sind davon überzeugt, dass es sinnvoller ist, einige hundert Personen, die einen hinreichenden Anlass zur Überwachung gegeben haben, mit verhältnismäßigem Aufwand gezielt zu beaufsichtigen, als eine halbe Million Bürgerinnen und Bürger zu überwachen. Wir setzen auch auf die Förderung privater Präventionsmaßnahmen, z.B. Investitionen in einbruchhemmende Technik in Kombination mit einer Informations- und Interventionszentrale auf Landesebene. Wir setzen uns insbesondere für folgende Maßnahmen ein:

  • Die Zuständigkeit des Landeshauptmannes und des Landes für die „Innere Sicherheit“ ist auf autonomer Ebene einzufordern.
  • Maßnahmen zur Überwachung von Personen, die bereits Straftaten begangen haben, müssen intensiver genutzt werden. Die Überwachung weniger Personen ist effektiver als die flächendeckende Überwachung des öffentlichen Raumes.
  • An besonderen Brennpunkten des Landes soll die Videoüberwachung des öffentlichen Raumes die Prävention von Straftaten und die Aufklärung begangener Straftaten unterstützen.
  • Die Zahl der Gemeindepolizistinnen und Gemeindepolizisten, die besondere Aufgaben zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit wahrnehmen und gemeindeübergreifend eng zusammenarbeiten, ist anzustreben.
  • Straffällige Personen, die sich nicht legal in Südtirol aufhalten, müssen ausgewiesen werden können. 

 

10. MITBESTIMMUNG UND AUTONOMIE

10.1. Mitbestimmung

Unser politisches System ist leider durch jahrzehntelange Monokultur geprägt und in den letzten Legislaturperioden verkrustet. Das derzeitige Regierungssystem (knappe Koalitionsregierung – Regierung gegen Opposition und umgekehrt) vertritt nicht mehr effizient die Interessen der Gesellschaft und schafft es nicht mehr, dringend notwendige Weichenstellungen für die Zukunft und den Ausbau unserer Autonomie vorzunehmen. Dies führt zu zunehmender Politikverdrossenheit und Polarisierung und lässt wenig Raum für Sachpolitik statt Parteipolitik. Wohlstand ist aber das Ergebnis guter Politik, und gute Politik ist das Ergebnis funktionierender politischer Institutionen. Das bisherige Berufsbild des Berufspolitikers gehört der Vergangenheit an. Mit Ausnahme der Regierungsmitglieder sollen alle Parlamentarier ihren Beruf weiter ausüben können. Damit wird ein Anreiz für die besten Köpfe geschaffen, in die Politik zu gehen, Inhalte und Kompetenz rücken in den Vordergrund und der Wiedereinstieg in die Berufswelt wird erleichtert. Die Rolle des Landtages als Gesetzgebungsorgan muss gestärkt werden, indem den Gesetzgebungsausschüssen mehr Bedeutung beigemessen wird und die Geiselhaft durch die Landesregierung eingedämmt wird. Einige Verbesserungen könnten bereits im Rahmen des bestehenden Autonomiestatuts erreicht werden. Angefangen bei einer kollegialen Regierungsführung, die mindestens 2/3 des Wählerwillens in der Regierung berücksichtigt, wie es in der Schweiz üblich ist, wo alle Sprachgruppen und relevanten Parteien vertreten sind. Wenn die Regierungskoalition größer wird, werden mehr Parteien als bisher Verantwortung übernehmen. Die Entscheidungsfindung würde zwar länger dauern, aber das heutige polarisierende Nebeneinander von Mehrheit und Opposition würde aufgebrochen und das Risiko von Fehlentscheidungen minimiert, weil Sachfragen aus verschiedenen Perspektiven diskutiert würden. Faires und bürgerfreundliches Wahlrecht auf Landes- und Gemeindeebene: Das geltende Landtagswahlrecht begünstigt immer noch die großen, finanzstarken Parteien. Die Einführung einer Obergrenze der für die Wahlkampfkosten der Parteien und nicht nur der einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten ist überfällig. Das so genannte Panaschieren soll es den Wählerinnen und Wählern auf kommunaler Ebene ermöglichen, ihre Präferenzstimmen listenübergreifend abzugeben, was mehr Freiheit für die Wählerin und den Wähler bedeutet und gleichzeitig die Kompetenz der Kandidatinnen und Kandidaten in den Vordergrund rückt. Die Zulassung der Listen soll vereinfacht und erleichtert werden, und es sollen Regeln eingeführt werden, die eine Ämterhäufung verhindern. Die Briefwahl für alle und eine bessere und unabhängige Information der Wähler müssen durchgesetzt werden.

10.2 Demokratie, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit

Echte Demokratie erfordert die strikte Einhaltung der verfassungsmäßigen Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative voraus. Eine von politischer Einflussnahme unabhängige und nur dem Verfassungsrecht verpflichtete Rechtsprechung ist ein unantastbares Grundrecht jeder Bürgerin und jedes Bürgers. Interessenkonflikten muss wirksam begegnet werden. Die Ernennung der Richterinnen und Richter des Verwaltungsgerichts Bozen durch den Südtiroler Landtag ist durch regelmäßige Auswahlverfahren zu ersetzen, die Amtszeit der Richterinnen und Richter ist zu begrenzen, ihre Zahl massiv aufzustocken, Grundvoraussetzung für eine unabhängige Rechtsprechung. Rechtssicherheit erfordert Verlässlichkeit und Berechenbarkeit in der Rechtsprechung. Ebenso wollen wir das Grundrecht auf freie und unabhängige Information gewahrt wissen, denn echte Demokratie setzt eine von Machtkonzentrationen unabhängige und vielfältige Medienlandschaft voraus.

10.3 Partizipation

Für mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung wollen wir konkrete Maßnahmen setzen: – Mitbestimmungsrechte der Bürgerinnen und Bürger bei der Reform des Autonomiestatuts einführen: Das Recht auf Volksbegehren zu so genannten Regierungsformgesetzen und das Volksbegehren zur Änderung des Autonomiestatuts sollen im Statut präzisiert und neu verankert werden, damit sie nicht vor dem Verfassungsgerichtshof angefochten werden können. – Verbesserung der direkten Demokratie auf Landes- und Gemeindeebene: Bei Volksbegehren soll die Unterschriftensammlung online ermöglicht werden. Für ein Volksbegehren als nicht bindende Massenpetition sollen die erforderlichen Unterschriften gesenkt und der Kreis der Beglaubigungsberechtigten erweitert werden. Es soll auch möglich sein, in jeder Gemeinde Südtirols eine Unterstützungsunterschrift zu leisten. Die im LG 22/2018 vorgesehene und von der Landesregierung eingesetzte Kommission, die über die Zulässigkeit von Volksbegehren entscheidet, soll personell neu und unvoreingenommen besetzt werden. Die notwendigen Elemente für eine konkrete Anwendbarkeit der direkten Demokratie in Südtirol sind in den von der Initiative für mehr Demokratie ausgearbeiteten beiden Gesetzentwürfen für das Volksbegehren 2022 enthalten. – Leichterer Zugang zu Informationen: Die Rechte der Bürgerinnen und Bürger auf Information und Transparenz gegenüber der Verwaltung und auf Zugang zu Informationen müssen im digitalen Zeitalter neu, effizienter, bürgerfreundlicher und kostengünstiger geregelt werden. – Neue Möglichkeiten der Kontrolle der Verwaltung durch Bürgerinnen und Bürger: Die unabhängige Interessenvertretung der Bürgerinnen und Bürger in ihrer Rolle als Verbraucher und Nutzer öffentlicher Dienstleistungen soll ausgebaut und der Verbraucherschutz gestärkt werden. So können Bürgerinnen und Bürger die Verbraucherrechte bei Strom, Gas und Energie in öffentlichen Energieversorgungsunternehmen überwachen und deren Daten als Open Data kostenlos anfordern.

 

Unsere Partei hat sich auf Anregung der Initiative für mehr Demokratie den BürgerInnen gegenüber verpflichtet, gemeinsam mit anderen sieben Parteien als ersten Akt im neugewählten Landtag eine Gesetzesinitiative einzubringen, mit der endlich die Mitbestimmungsrechte in Südtirol gut und wirksam anwendbar gemacht werden sollen.

Dazu sollen folgende Gesetzesänderungen beschlossen werden:
1. Die Regelung unserer Demokratie soll auch per Volksabstimmung möglich sein. Dies soll im Gesetz festgeschrieben sein.
2. Die Kommission zur Prüfung der Zulässigkeit soll anders zusammengesetzt sein und ihre Aufgabe neu bestimmt werden.
3. Die Unterschriftenhürden sollen nach Wichtigkeit und Wirksamkeit der Instrumente abgesenkt und gestaffelt werden.
4. Die Online-Unterschriftensammlung wird, wie staatsweit schon anwendbar, eingeführt.
5. Der Kreis der Beglaubigungsberechtigten bei der Unterschriftensammlung wird erweitert.
6. Die Möglichkeit wird geschaffen, in allen Gemeinden für Volksinitiativen, Referenden und Volksbegehren unterschreiben zu können.
7. Die institutionelle Information der BürgerInnen über ergriffene direktdemokratische Initiativen wird gewährleistet.

Detaillierte Informationen finden Sie hier: https://www.bündnis-mehr-demokratie.eu

 

10.4 Gemeinden

Die Rolle der Gemeinden soll im Sinne des Subsidiaritätsprinzips gestärkt werden, wonach öffentliche Aufgaben von der Verwaltungseinheit wahrgenommen werden sollen, die sie in Hinblick auf Bürgernähe und Effizienz am besten erfüllen kann. Als Voraussetzung für mehr Bürgerbeteiligung in den Gemeinden soll die Zuständigkeit für die Gemeindeordnung und das Gemeindewahlrecht von der Region auf die beiden Länder übertragen werden. Damit können Verbesserungen sowohl beim Kommunalwahlrecht als auch bei der direkten Bürgerbeteiligung erreicht werden.

10.5 Mehr Autonomie wagen

Die Autonomie ist eine historische Errungenschaft ganz Südtirols, die allen Sprachgruppen zugutekommt und die eine positive wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung des Landes ermöglicht hat. Aufgrund seiner Geschichte und seiner besonderen Stellung in Italien kann Südtirol einen weiteren Ausbau seiner Autonomie beanspruchen, der über den der anderen Regionen mit Sonderstatut hinausgeht. Dies kann aber nur durch einen gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land – und nicht durch parteipolitische Initiativen – mit einem klaren, durch möglichst breite Mehrheiten der Südtiroler Bevölkerung und ihrer politischen Vertreter legitimierten Projekt gelingen. Der Ausbau der Südtiroler Autonomie ist im Interesse der Bürgerinnen und Bürger aller Sprachgruppen in folgenden Schwerpunktbereichen anzustreben:

  • Die seit der Verfassungsreform von 2001 verloren gegangenen und nicht oder nur teilweise wieder hergestellten Kompetenzen sollen wiederhergestellt werden.
  • Die bisher nur sekundären, konkurrierenden Zuständigkeiten sind in primäre Zuständigkeiten umzuwandeln, wobei die Kategorie „konkurrierende Zuständigkeiten“ insgesamt abgeschafft werden kann.
  • Die bisher vom Staat nur übertragenen Zuständigkeiten sollen endgültig als Landeszuständigkeiten verankert werden.
  • Die Zusammensetzung der Landesregierung soll die Anteile der Sprachgruppen an der Bevölkerung und die politischen Mehrheitsverhältnisse im Landtag besser widerspiegeln. Alle Sprachgruppen, auch die Ladiner, sollen das Recht haben, in der Landesregierung vertreten zu sein.
  • Der 6er- und der 12er-Ausschuss sollen in paritätisch besetzte Staat-Länder- bzw. Staat-Regionen-Ausschüsse umgewandelt werden, die in ihrer Zusammensetzung und Arbeitsweise parlamentarischen Traditionen und Erfordernissen entsprechen:
  • Die Staat-Land-Kommission wird vom Landtag aus seiner Mitte unter Berücksichtigung der Opposition gewählt.
  • Die Staat-Land-Kommission arbeitet transparent und ist dem Landtag rechenschaftspflichtig.
  • Vor der Verabschiedung durch die Regierung werden die Durchführungsbestimmungen vom Landtag ratifiziert.
  • Die Rechte der Bürgerinnen und Bürger auf direkte politische Mitbestimmung in der Landespolitik sollen in der Satzung besser verankert werden; neue Mitwirkungsrechte der Bürgerinnen und Bürger bei der Änderung der Satzung sollen eingeführt werden.
  • Der Landtag soll ein Initiativrecht zur Änderung des Statuts sowie ein Vetorecht mit Zweidrittelmehrheit gegen einseitige Änderungen des Statuts durch den Staat erhalten.
  • Die Region Trentino-Südtirol soll alle Gesetzgebungskompetenzen an die beiden Provinzen abgeben und zu einem freien Koordinationsorgan zwischen den beiden Ländern werden.
  • Südtirol soll mehr Eigenverantwortung und Freiheit in der Finanzverwaltung erhalten. Das Land soll die Ausgestaltung der öffentlichen Abgaben stärker auf die Bedürfnisse des Landes abstimmen können und das Recht erhalten, alle Steuern zu erheben, bei gleichzeitiger Verpflichtung zur aktiven Mitarbeit bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung.
  • Die derzeit sehr geringe Mitwirkung Südtirols an der EU-Gesetzgebung und an der Umsetzung des EU-Rechts soll ausgebaut werden. Das Recht auf grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Mitwirkung in internationalen Organisationen sowie die Unterhaltung von Auslandsvertretungen sollen im Statut verankert werden.
  • Die Mehrsprachigkeit soll als kulturelle Chance und Standortvorteil ausgebaut werden.